Autozulieferer:IG Metall fürchtet Kollaps von Schaeffler

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Der Autozulieferer Schaeffler erhält Schützenhilfe von der Gewerkschaft: Die IG Metall erwartet das Schlimmste und fordert Staatshilfen für das angeschlagene Unternehmen.

Ohne staatliche Hilfen droht dem hoch verschuldeten Schaeffler-Konzern nach Darstellung der IG Metall in absehbarer Zeit die Insolvenz.

Schaeffler ist in Schieflage: Die Zahl der Hilferufe erhöht sich laufend. (Foto: Foto: ddp)

Für die Finanzierung der Conti-Übernahme müsse Schaeffler monatlich Zinsen in Höhe von 70 Millionen Euro aufbringen, sagte der Schaeffler-Betreuer der IG Metall, Wolfgang Müller, am Dienstag in Herzogenaurach. Dies falle dem Unternehmen zunehmend schwer.

"Die staatliche Hilfe ist dringlich", sagte Müller. "Es muss schnell gehen." Das Unternehmen habe massiven Eigenkapitalbedarf. "Es wird demnächst am Abgrund stehen, wenn nicht frisches Geld kommt." Ein Finanzinvestor werde sich nicht so bald finden.

Neugebauer: Keine Alternative zu Staatshilfen

Der bayerische IG-Metall-Chef Werner Neugebauer sagte, es gebe derzeit keine Alternative zu Staatshilfen. Es gehe darum, "Zeit zu kaufen", um dann einen Investor zu finden.

Schaeffler ist nach der Übernahme des Hannoveraner Autozulieferers Continental mit mehr als zehn Milliarden Euro verschuldet. Berichten zufolge bittet das Unternehmen um staatliche Bürgschaften von vier Milliarden Euro. In der Politik gibt es jedoch Bedenken dagegen.

Neugebauer forderte auf einer Mitgliederversammlung der IG Metall ein Finanzierungskonzept des Unternehmens und der Banken, eine Garantie für Arbeitsplätze und Standorte sowie mehr Transparenz und Mitbestimmung im Unternehmen. Es dürfe aber auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Hilfen kommen. Es gebe viele Betriebe in Deutschland, die ähnliche Produkte wie Schaeffler herstellten.

Die IG Metall wolle alles tun, um eine Zerschlagung zu verhindern, sagte Neugebauer. Für die Gewerkschaft sei es nicht wichtig, wer später Eigentümer des Unternehmens sei. "Ob Müller, Meier, Huber oder Schaeffler drübersteht, ist zweitrangig", sagte er. Entscheidend sei, die rund 80.000 Arbeitsplätze bei Schaeffler und Conti in Deutschland zu erhalten.

"Kommunikation mit Betriebsrat schlecht"

Die Gewerkschaftsvertreter beklagte zugleich, dass die Kommunikation mit dem fränkischen Unternehmen trotz der Notlage weiterhin sehr schlecht sei. Auch der Betriebsrat werde nicht mit einbezogen, ergänzte Thomas Mölkner, Betriebsratsvorsitzender von Schaeffler in Herzogenaurach.

Die Bürgermeister der Schaeffler-Standorte in Deutschland baten in einem gemeinsamen Hilferuf am Dienstag ebenfalls um staatliche Hilfen für den hoch verschuldeten Autozulieferer.

"Aufgrund der Vielzahl der direkt und indirekt betroffenen Arbeitsplätze in ganz Deutschland" sollte der Antrag der Schaeffler-Gruppe auf staatliche Unterstützung befürwortet werden, schrieben die insgesamt 24 Kommunalpolitiker an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

Schaeffler sei im Kern gesund. "Es ist daher falsch, zu sagen, die Schaeffler Gruppe habe sich "verzockt", betonen die Bürgermeister.

Der Autozulieferer Magna International hat unterdessen verneint, an einer Übernahme der Schaeffler-Gruppe interessiert zu sein. "Diese Frage stellt sich nicht", sagte der Vorstandschef des weltweit viertgrößten Zulieferers, Siegfried Wolf, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Grundsätzlich sei Magna aber an Zukäufen interessiert.

"Frau Schaeffler ist keine Hasardeurin"

Die Schaeffler-Gruppe hatte sich an dem Kauf des größeren Konkurrenten Conti verhoben. Mit der Bitte um Staatshilfe handelte sich die Eigentümerin des fränkischen Zulieferers viel Kritik ein.

Aus Sicht von Wolf unberechtigterweise: "Frau Schaeffler ist keine Hasardeurin. Sie hatte zu Beginn der Übernahme von Continental eine sehr gute Strategie. Aber sie wurde dann unverschuldet ein Opfer der Finanzmarktkrise."

In Deutschland müsse auf einer "übergeordneten Ebene" von der Regierung darüber nachgedacht werden, wie die Arbeitsplätze bei Schaeffler und Continental erhalten werden könnten, sagte Wolf weiter. Die Menschen dürften nicht noch weiter verunsichert werden, sonst verlören sie den letzten Rest an Bereitschaft zum Kauf langlebiger Güter wie etwa Autos.

Umfassende und dauerhafte staatliche Eingriffe in die gesamte Automobilbranche lehnt Wolf jedoch ab. "Wir brauchen keinen Förderzirkus in ganz Europa. Aber die Banken müssen wieder zu normalen Konditionen finanzieren. Den Rest regelt der Markt." Der kanadisch-österreichische Konzern Magna International beschäftigt weltweit 80.000 Mitarbeiter, davon 11.000 in Deutschland.

Laut Wolf steht der Zulieferer gut da: "Wir haben keinerlei Schulden. Unsere finanzielle Basis ist stark, auch für Zukäufe", so der Manager. Verstärken wolle sich Magna vor allem bei Techniken, die im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen benötigt würden.

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