Autoindustrie:Das Blaulicht ist begehrt

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LED-Autoscheinwerfer von Hella, der nach Firmenangaben auch die Gegenfahrbahn ausleuchtet, ohne zu blenden. (Foto: Hella/dpa)

Mit dem Erwerb des deutschen Lichtspezialisten Hella schließt der französische Konzern Faurecia zu Continental, ZF oder Bosch auf: Es entsteht der siebtgrößte Autozulieferer der Welt.

Von Max Hägler, Lippstadt/Nanterre

Es ist eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale neuer Autos: die Architektur des Lichts und seine immer höhere Strahlkraft. Hier die Streifenform im Rücklicht, dort die Silhouette eines Hammers im Scheinwerfer. Einer der Marktführer auf diesem Gebiet ist das nordrhein-westfälische Unternehmen Hella. Mit allerlei Produkten beim sichtbaren Licht und mit Radaranlagen hat der Autozulieferer im vergangenen Geschäftsjahr 6,5 Milliarden Euro umgesetzt. Doch jetzt verliert das Unternehmen mit seinen 36 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seine Selbständigkeit - und der Mehrheitseigentümer macht damit zugleich richtig Kasse. Der Fahrzeugtechnikkonzern Faurecia aus Frankreich, bislang schon Kooperationspartner, schluckt den Autozulieferer. Ein Geschäft, das beide als "Zusammenschluss" bewerben.

Wie die beiden Unternehmen mitteilten, übernehmen die Franzosen von der bisherigen Eigentümerfamilie Hueck 60 Prozent der Aktien des M-Dax-Konzerns für knapp vier Milliarden Euro. 3,4 Milliarden Euro davon erhält die Familie in bar, den Rest in Faurecia-Anteilen. Der französische Konzern unterbreitet zudem allen anderen Aktionären des Lichtspezialisten eine Offerte von 60 Euro je Anteil und bleibt damit etwas unter dem Aktienkurs vom vergangenen Freitag. Die Hella-Aktie hatte seit Ende April deutlich zugelegt, nachdem die Verkaufspläne der Familie Hueck bekannt wurden.

Der französische Käufer betonte, dass Hella künftig eine wichtige Rolle spielen solle: "Lippstadt wird der weltweite Hauptsitz für drei von sechs Geschäftsbereichen." Faurecia ist etwa dreimal so groß wie die Hella, kam 2020 auf einen Jahresumsatz von 14,7 Milliarden Euro und 114 000 Mitarbeiter und ist einer der wichtigsten Zulieferer für die Marken des Stellantis-Autokonzerns (Peugeot, Citroën, Opel) . Der Konzern will durch den Zukauf sein Portfolio erweitern - und die jährlichen Kosten um mehr als 200 Millionen Euro senken. Man werde in allen Geschäftsbereichen eine kritische Größe erreichen und führende Positionen einnehmen, erklärten die Franzosen. Das neue Unternehmen werde global der siebtgrößte Automobilzulieferer sein (Top 5 in Europa und jeweils Top 10 in Amerika und Asien). In der Spitzengruppe dieser Industrie sind zahlreiche deutsche Unternehmen, so Bosch, Conti oder ZF.

Der Verkauf des 60-prozentigen Pakets der weit verzweigten Gründerfamilie schien notwendig, da der beim Börsengang im Jahr 2014 abgeschlossene Vertrag über ein gemeinsames Handeln bald ausgelaufen wäre. Danach wäre es schwieriger geworden, die Interessen der etwa 60 Eigentümer zu bündeln. "Ihre Verantwortung für das Unternehmen gebietet es der Familie, den Staffelstab für Führung und Kontrolle früh, sicher und geordnet in neue Hände zu übergeben", sagte Jürgen Behrend, Leiter des Pools der Familiengesellschafter und früher selbst Hella-Geschäftsführer. Die Eigentümerfamilie Hueck hielt seit 1923 die Mehrheit an dem 1899 gegründeten Unternehmen, das mit Petroleumleuchten begann und heute auch viele Blaulichtanlagen für Behördenautos herstellt.

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