Automobilindustrie:Kein Grund für Euphorie

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Autos "made in Germany" sind gefragt, doch träumen sollte die Branche nicht. Es wäre falsch, wenn sich BMW, Daimler, Audi und VW nun angesichts des Booms ausruhen würden.

Caspar Busse

Überraschend gut gehen die Geschäfte der deutschen Autobauer. Um fast 50 Prozent legten die Exporte im ersten Halbjahr zu, die Produktion in Deutschland erhöhte sich um nahezu ein Viertel, in deutschen Werken wird so gut wie nicht mehr kurzgearbeitet, die Auslastung steigt. Vor allem in China und den USA verkaufen sich Luxusautos offenbar so gut wie schon lange nicht mehr - und davon profitieren vor allem die deutschen Hersteller Daimler, BMW sowie Audi und Volkswagen.

Die Geschäfte der Autohersteller (hier in der BMW-Produktion) laufen wieder - doch wie lange?  (Foto: dpa)

Natürlich sind das wirklich gute Nachrichten. Denn der rasante Anstieg der Exporte zeigt auch, dass die deutschen Hersteller nicht untätig waren. Sie haben die jüngste Krise und die Jahre davor genutzt, um ihre Hausaufgaben zu erledigen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Autos "made in Germany" sind gefragt, weil die Qualität stimmt. Und auch beim Preis sind die Deutschen offenbar konkurrenzfähig.

Natürlich sind die Vergleichswerte aus dem Krisenjahr 2009 so niedrig, dass sich leicht gute Wachstumsraten erreichen lassen. Natürlich dürfte auch der schwache Euro helfen, denn damit werden deutsche Autos im Ausland tendenziell eher billiger. Und natürlich können die Deutschen auch von der eklatanten Schwäche der Konkurrenten profitieren. Die großen amerikanischen Hersteller sind noch immer fast nur mit sich selbst beschäftigt. GM und Chrysler kommen gerade aus ihrer existenzgefährdenden Krise heraus. Toyota leidet unter massiven Imageproblemen, nachdem Tausende von Autos zurückgerufen werden mussten.

Von einem immerwährenden Sommermärchen sollte die deutsche Branche aber nicht träumen, das wäre gefährlich. Die Nachfrage im Inland, nach wie vor einer der wichtigsten Märkte, ist weiter schwach. Die Abwrackprämie, eigentlich ja eine Milliardensubvention, hat eine Sonderkonjunktur ausgelöst und der Branche über die tiefe Krise im vergangenen Jahr hinweggeholfen - übrigens genau wie die staatliche gestützte Kurzarbeit. Doch jetzt ist das Nachfrageloch im Inland dafür umso größer. Es ist wohl eine glückliche Fügung, dass in diesen Tagen der Export massiv anzieht.

Falsch wäre, wenn sich BMW, Daimler, Audi und VW nun angesichts des Booms ausruhen würden. Sie müssen da nacharbeiten, wo der Rückstand groß ist, zum Beispiel bei Elektrofahrzeugen. Es besteht immer die Gefahr, dass die deutsche Autoindustrie den Anschluss verlieren könnte. Und das wäre schlimmer als jede vorübergehende Absatzkrise.

© SZ vom 3./4. Juli 2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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