Auto-Industrie:Immerhin kein Tweet

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Nach ihrem spontanen Ausflug nach Washington zu US-Präsident Donald Trump geben sich die deutschen Autokonzerne vorsichtig optimistisch. Allerdings steht nun ein unangenehmes Treffen mit der EU-Kommission an.

Von Markus Balser, Max Hägler, Alexander Mühlauer, München/Berlin

Immer wieder hatten die deutschen Automanager betont: Diese recht überhastete Ausfahrt nach Washington sei nur ein Arbeitstreffen. Und wenn man auf den Twitter-Account des US-Präsidenten Donald Trump schaut, trifft das zu: Entgegen seinen Gepflogenheiten hat er von seinem Gespräch am Dienstag nichts getwittert. Kein Händedruck-Foto, kein raunziger Kommentar. Nur Stille. Das klingt tatsächlich nach Arbeitstreffen.

Ist das nun gut oder schlecht? Im Autoland Deutschland gibt man sich überwiegend zufrieden. Daimler-Chef Dieter Zetsche glaubt sogar, die Gespräche hätten die "potenzielle Bedrohung" durch neue US-Importzölle reduziert. "Ich denke, wir haben einen großen Schritt vorwärts gemacht, um die Zölle zu vermeiden", sagt auch VW-Chef Herbert Diess. Gemeinsam mit BMW-Finanzchef Nicolas Peter waren sie am Dienstag in die USA geflogen. Die Gesprächspartner, der Ablauf des Treffens wie auch der Erwartungshorizont der Einladenden - all das war lange unklar. Über das wichtigste, weil folgenreichste Thema, eben die Zölle, konnten die Deutschen indes kaum reden, weil sie dazu auch keine Entscheidungsbefugnis haben.

Das sei der US-Regierung auch klar gewesen, heißt es am Tag danach aus den drei deutschen Konzernen, die erst zu Einzelgesprächen mit US-Handelminister Wilbur Ross geladen waren - um dann spontan eine halbe Stunde mit US-Präsident Trump zusammenzutreffen. Das Unbehagen der USA über die derzeitigen Zölle sei "nachvollziehbar", heißt es von VW: 2,5 Prozent Aufschlag verlangen die Vereinigten Staaten derzeit für den Import europäischer Wagen, andersherum sind es zehn Prozent. Allerdings sind diese Quoten Teil komplizierter Zollvereinbarungen, die weit über die Autobranche hinausgehen.

Volkswagen jedenfalls kam den Amerikanern offenbar am weitesten entgegen: Man könnte mit Ford in den USA Fabrikkapazitäten teilen und vielleicht gemeinsam Elektroautos auf VW-Plattformen bauen, ist zu hören; Ford wiederum könnte seine Expertise bei Roboterauto-Techniken mit VW teilen. Ein gesellschaftsrechtliches Zusammengehen von Ford und VW ist allerdings nicht geplant. Eher vage scheinen indes die Daimler-Vertreter geblieben zu sein; BMW erzählte von seinem sowieso geplantem Ausbau des US-Werkes in Spartanburg. Die deutschen Manager versuchten dabei auch zu erklären: So einfach lassen sich Fabriken nicht verlagern. Insofern seien die Gespräche mit Trump und seinen Wirtschaftsentscheidern "sinnvoll" gewesen, heißt es. Und alle beteuern hernach: Um "Weltpolitik" sei es nicht gegangen. Dafür sei ja die Politik zuständig, die nun weitermachen müsse. Das Verhandlungsmandat für Zölle liegt bei der Europäischen Union. Gerade in Brüssel war man deshalb verstimmt über die Reise der Firmenvertreter. Wie es aus der EU-Kommission heißt, werde Handelskommissarin Cecilia Malmström am Freitag bei der Tagung des europäischen Autolobbyverbandes womöglich mit den Autobossen über ihre Reise sprechen. Und über die Herausforderungen der Autoindustrie in den USA und im Rest der Welt.

Die sind enorm, die internationalen Handelskonflikte schlagen längst auf das Geschäft durch, erklärte Bernhard Mattes, oberster deutscher Autolobbyist, am Mittwoch. Der Streit zwischen China und den USA zeige, wie viel dabei auf dem Spiel steht. Der Export deutscher Konzerne von Autos aus US-Werken nach China sei in den ersten zehn Monaten dieses Jahres um ein Drittel eingebrochen. Zugleich stagniere der Auto-Weltmarkt. Wie im Vorjahr würden in diesem Jahr etwa 85 Millionen Wagen verkauft, im nächsten Jahr soll der Markt um etwa ein Prozent steigen - allerdings auch nur, wenn nicht neue Strafzölle den Handel erschweren. Mit dieser Lagebeschreibung haben die Manager das Thema bei ihrem Treffen in Washington übrigens doch eingebracht: Durch Zölle werde der Autoexport aus den USA teurer und unrentabler, das erklärten die BMW-Vertreter wohl - und dass dies auch Amerika schade. Denn die deutsche Autoindustrie ist mit ihren Werken dort führend beim Export.

Noch.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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