Ausnahmeregeln bei der Mehrwertsteuer:Eseleien des Gesetzgebers

Der Bundesrechnungshof hat der Regierung ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt: Schwarz-Gelb hat keine einzige der versprochenen Reformen beim Steuerrecht umgesetzt. Dabei wäre das dringend nötig - gerade bei der Mehrwertsteuer gibt es teils absurde Ausnahmeregelungen. Die kuriosesten Beispiele.

Von Benjamin Romberg

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Mit etwa 140 Milliarden Euro ist die Mehrwert- oder Umsatzsteuer die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Gleichzeitig sind damit aber die wahrscheinlich kuriosesten Regeln im deutschen Steuergesetz verbunden. Der Bundesrechnungshof kritisierte im Januar, dass auch die aktuelle Bundesregierung daran nichts geändert hat. In Deutschland gibt es zwei unterschiedliche Mehrwertsteuersätze: den sogenannten Regelsatz von 19 Prozent und den reduzierten Satz von sieben Prozent. Letzterer wurde eingeführt, um mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen und gilt für Güter des täglichen Bedarfs. Doch bei der Frage, was genau unter diesen Bedarf fällt, fängt der Wahnsinn an.

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Unstrittig ist, dass Wasser zu den Dingen des täglichen Gebrauchs zählt. Eigentlich. Denn auf Mineralwasser wird, wie auf andere Getränke auch, der normale Steuersatz von 19 Prozent angewendet. Wer allerdings auf das Prickeln beim Trinken verzichten kann und sein Wasser aus der heimischen Leitung bezieht, zahlt nur sieben Prozent.

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Bei Kaffee kommt es ganz auf die Produktionsstufe an, wie viel Steuern zu entrichten sind. So entfallen auf Kaffeebohnen und -pulver nur sieben Prozent, ebenso auf die Milch, die viele dem Heißgetränk hinzugeben. Eine Tasse aufgebrühter Kaffee wird allerdings voll besteuert. Wer nun glaubt, er könne den Staat mit der Instant-Variante austricksen, liegt falsch: Auch Pulverkaffee wird mit 19 Prozent besteuert.

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Im öffentlichen Nahverkehr werden grundsätzlich sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig. Das gilt für Taxi- wie für Zugfahrten. Allerdings nicht immer: Wer mehr als 50 Kilometer mit der Bahn zurücklegt oder eine Überlandfahrt mit dem Taxi unternimmt, muss 19 Prozent Steuern zahlen. Skilifte sind übrigens immer ermäßigt - egal, wie lange man damit fährt.

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"Besser ein gesunder Esel als ein krankes Pferd", heißt es im Volksmund. Unter steuerlichen Gesichtspunkten ist das nicht ganz richtig. Auf Pferde - auch Rennpferde - entfallen sieben Prozent Steuern. Wer aber über die Anschaffung eines Esels nachdenkt, muss aufpassen: Der gemeine Hausesel fällt unter den regulären Steuersatz. Billiger wird es, wenn der Esel bereits tot ist, auf geschlachtete Tiere entfallen sieben Prozent Steuern. Günstiger wird es auch, wenn der Vater des Esels ein Pferd ist - dann nämlich handelt es sich um einen Maulesel, der ebenfalls steuerbegünstigt ist. Das gleiche gilt für Maultiere, in diesem Fall ist zwar der Vater ein Esel, die Mutter jedoch ein Pferd.

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Selbst Meeresfrüchte sind nicht sicher vor den Spitzfindigkeiten des Fiskus: Bei Krabben und Garnelen werden sieben Prozent berechnet, Hummer und Langusten kosten 19 Prozent Steuern.

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Auch in der häuslichen Botanik lassen sich interessante Ausnahmeregelungen finden. Ein Adventskranz, der vorwiegend aus frischen Materialien besteht, fällt unter den ermäßigten Steuersatz. Sind eher Trockenpflanzen charakteristisch für den Kranz, so werden 19 Prozent fällig. An dieser Stelle legt der Gesetzgeber Wert darauf, dass "Trockenmoos durch Anfeuchten nicht wieder zu frischem Moos wird".

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Schnittblumen sind meistens frisch und werden daher mit sieben Prozent besteuert. Allerdings stellt sich gerade im Vergleich zu manchem Hygieneartikel die Frage nach dem täglichen Bedarf: Babywindeln werden mit 19 Prozent besteuert.

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Theaterkarten sind ebenfalls mehrwertsteuerbegünstigt. Ebenso ein Besuch beim Zauberkünstler, der laut Gesetzgeber mit einem Theaterbesuch gleichzusetzen ist.

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Sieben Prozent Mehrwertsteuer gelten auch für Bücher - 19 allerdings für Hörbücher. Und gerade bei Kinderbüchern ist Vorsicht geboten: Ein Kinderbuch zum Ausmalen ist unter steuerlichen Gesichtspunkten günstiger als eines zum Ausschneiden.

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Ob man Kartoffeln ausmalt oder ausschneidet, ist im Prinzip egal. Doch auch hier gibt es entscheidende Unterschiede für den Fiskus: Frühkartoffeln sind steuerbegünstigt, Süßkartoffeln aber nicht. Pilze und Trüffel gehören laut Gesetzgeber hingegen zum täglichen Bedarf - allerdings nur, solange sie nicht in Essig eingelegt sind.

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Bei Gewürzen wird es dann richtig kompliziert. Basilikum, Majoran und Co. fallen erst einmal unter den ermäßigten Steuersatz. Das ändert sich aber, sobald es sich um eine Gewürzmischung handelt. So weit, so gut. Aber Vorsicht: Die sieben Prozent gelten auch nur für frischen Majoran - in getrockneter Form werden 19 Prozent berechnet.

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