Ausbildung:Jetzt kommt der E-Banker

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Das Ausbildungsjahr 2018/19 fängt gerade an - mit ganz neuen Berufen bei Banken und Sparkassen: Sie ziehen Fachleute für Facebook und Twitter heran.

Von Harald Freiberger, München

Jedes Jahr verschickt die Stadtsparkasse München in den ersten Septembertagen ein Foto vom neuen Ausbildungs-Jahrgang. Äußerlich hat sich dabei in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel verändert. Das Bild zeigt in der Mitte einen sehr ordentlich gekleideten mittelalten Herren, den Personalvorstand, vor dem großen, roten Sparkassen-Logo. Eingerahmt wird er von ebenfalls ordentlich gekleideten jungen Menschen, diesmal 90 Frauen und Männer. Was sich auch nicht geändert hat ist, dass alle freudig in die Kamera lächeln.

Doch auch wenn man es nicht auf den ersten Blick erkennt, ist diesmal etwas anders. Es geht nicht darum, wie die jungen Männer und Frauen aussehen, es geht darum, was sie machen. Sie sind nämlich nicht mehr alle künftige Bankkaufleute, wie das über Jahrzehnte der Fall war. Die Stadtsparkasse hat drei neue Berufe in ihr Ausbildungsprogramm aufgenommen. Und so sind auf dem Foto neben 85 Bankkauffrauen und -männern auch eine Kauffrau für E-Commerce, ein Kaufmann für Dialogmarketing und drei Servicekräfte für Dialogmarketing zu sehen.

Die neuen Berufe haben alle mit Kommunikation und sozialen Medien zu tun. Sie zeigen, wie sich das Berufsbild der Bankkaufleute, das über Jahrzehnte fast unverändert geblieben ist, gerade wandelt. "Wir sind sicher, dass die neuen Berufsbilder in den nächsten Jahren stark zunehmen werden", sagt Robert Wegmann, Ausbildungsleiter der Münchner Sparkasse. Das Verhalten der Kunden ändere sich, sie wollten über viele Wege an die Bank herantreten: über die Filiale, per Telefon, online, per Video-Chat, über soziale Medien.

Noch ist alles in den Anfängen. Beim Bundesverband der Sparkassen, dem DSGV, spricht man von "ersten Instituten", die in den neuen Berufen ausbilden. Bundesweit liege der Anteil vielleicht bei zwei Prozent. Zu 97 Prozent dominieren noch Bankkauffrau und -mann. Doch es sind Berufe mit Zukunft, auch bei den Volks- und Raiffeisenbanken. "Die drei neuen Berufe ergänzen den traditionellen Beruf der Bankkaufleute zunehmend", sagt Stephan Weingarz, Abteilungsleiter für Personalmanagement beim Bundesverband BVR. "Der Trend wird sich noch verstärken." Bei der Volksbank Lübeck etwa hat gerade eine Auszubildende zur E-Commerce-Kauffrau angefangen. Die Volksbanken Bühl und Mittelhessen bilden junge Leute zu Informatikkauffrau und -mann aus.

Dialogmarketing gibt es schon seit 2006 als Ausbildungsberuf. Ursprünglich stammt er aus dem Telefonmarketing, inzwischen wird er auch in anderen Branchen für die Ansprache von Kunden über Telefon oder Video-Chat angewandt. Der Kaufmann für E-Commerce ist dagegen ganz neu. "Er ist für den Aufbau digitaler Vertriebsaktivitäten zuständig, etwa über Online-Shops oder soziale Medien wie Facebook, Twitter und Instagram", sagt Verbands-Mann Weingarz. Generell sei es für die Volks- und Raiffeisenbanken sehr wichtig, sich in der digitalen Kommunikation "breiter aufzustellen". "Dafür brauchen wir Menschen mit Kenntnissen über soziale Medien, die nicht unbedingt aus dem klassischen Bankgeschäft kommen."

Die Zukunft gehört "Kaufmann für E-Commerce" & "Kauffrau für Dialogmarketing"

Und was machen die Azubis in den neuen Berufen genau, wenn sie in drei Jahren fertig sind? "Die Aufgabe der Kauffrau für E-Commerce ist es zu organisieren, dass die Kunden auf allen Kanälen so leicht wie möglich an uns herantreten können", sagt Sparkassen-Ausbilder Wegmann. Es gehe darum, neue Kommunikationskanäle für die Bank zu erschließen. "Die Kauffrau für E-Commerce stellt also die Architektur für neue Kundenkontakte zur Verfügung." Sie führt selbst keine Beratungsgespräche.

Der Kaufmann für Dialogmarketing koordiniert in erster Linie die Schichten und Teams im Telefonbanking und in der neuen Direktfiliale, den die Münchner Sparkasse gerade aufbaut. Die Servicefachkraft für Dialogmarketing - Voraussetzung ist ein Hauptschulabschluss - lernt in der Ausbildung vor allem den Umgang mit Kunden per Telefon oder Video. Sie soll sich später im Beruf um einfachere Kundenanliegen kümmern. Für komplexe Themen wie Altersvorsorge oder Baufinanzierung empfiehlt die Sparkasse weiter den Berater in der Filiale.

Sowohl den Sparkassen als auch den Genossenschaftsbanken ist es wichtig zu betonen, dass die neuen Berufe den alten Bankkaufmann nicht ersetzen sollen. "Für die Kundenberatung werden bei uns weiter die klassischen Bankkaufleute eingesetzt, sie bringen das nötige Fachwissen mit", sagt Weingarz vom BVR. Es werde bei Genossenschaftbanken keinen reinen Online-Verkäufer ohne Bankhintergrund geben.

Im Übrigen wird demnächst auch das Berufsbild des Bankkaufmanns modernisiert. Die letzte Überarbeitung stammt aus dem Jahr 1997, als das Internet noch am Anfang stand. "Das Berufsbild wird derzeit mit allen Beteiligten wie Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Bankverbänden, Kultusministern und IHKs weiterentwickelt", sagt Weingarz. Es wird aber noch ein, zwei Jahre dauern, bis das neue Berufsbild ausgearbeitet ist, frühestens im Jahr 2020 könnte es in die Ausbildung einfließen.

Dazu kommen sollen dann Inhalte, die in der Bankpraxis bereits heute eine größere Rolle spielen. Die Trends aus den Bereichen Marketing, Kommunikation, digitale Kompetenz und Datenanalyse werden in der formellen Ausbildung eine viel stärkere Rolle spielen. "Andere Inhalte wie die Merkmale eines Wechsels sind dagegen nicht mehr so wichtig", sagt Weingarz.

Mit einem Wechsel wurde früher im Geschäftsleben öfter bezahlt, er galt als ziemlich sicher, weil die Bank dafür garantiert. Heute braucht man den Wechsel kaum mehr, heute gibt es Online-Überweisung, Paypal, Facebook und anderes - das Banking der Zukunft.

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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