Audi:Wolfsburger General für Ingolstadt

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VW-Manager Wendelin Göbel, ein Vertrauter von Konzernchef Matthias Müller, soll Vorstand bei Audi werden.

Von Max Hägler und Klaus Ott, München

Wendelin Göbel, Generalsekretär bei Volkswagen in Wolfsburg, muss sich regelmäßig um einen Krisenfall in Ingolstadt kümmern. Der VW-Manager gehört dem Aufsichtsrat der "Schanzer" an, wie der FC Ingolstadt genannt wird. Der Fußballklub ist aus der ersten Bundesliga abgestiegen und steht in der zweiten Liga auf dem letzten Tabellenplatz. Geht das so weiter, dann droht der nächste Abstieg.

Demnächst muss sich Göbel wohl auch noch um einen anderen, viel größeren Krisenfall in Ingolstadt kümmern: Um die Volkswagen-Tochter Audi. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR ist der General aus Wolfsburg als neuer Personalchef bei Audi im Gespräch. Bei dem Autohersteller mit den vier Ringen als Markenzeichen müssen gleich vier Vorstandsmitglieder gehen; das steht bereits seit Wochen fest. Die Nachfolger sollen demnächst benannt werden. Wer welchen Posten übernehmen soll, ist intern offenbar schon weitgehend klar, wie mehrere Quellen bestätigten.

Göbel wird bei VW als enger Vertrauter von Konzernchef Matthias Müller beschrieben. Der wiederum leitet den Aufsichtsrat von Audi. Nicht nur deshalb muss Müller daran gelegen sein, dass die Ingolstädter Tochter endlich etwas zur Ruhe kommt. Audi hat viele Probleme. Die Abgasaffäre, schlechte Verkäufe in China und die Arbeitnehmer beklagen das Fehlen einer Firmenstrategie. Audi-Chef Rupert Stadler ist angeschlagen, auch weil er in die Affäre um manipulierte Schadstoffmessungen bei Diesel-Fahrzeugen verwickelt sein soll. Stadler bestreitet jegliches Fehlverhalten. Ob er sich noch lange halten kann, ist ungewiss.

Göbel, 53, wird in VW-Kreisen als eine Art Hoffnungsträger beschrieben. Als integrer, loyaler und zuverlässiger Manager, auf den man sich stets verlassen könne; als "Fels in der Brandung", quasi überall einsetzbar. So jemanden könne man gut bei Audi brauchen, heißt es von verschiedenen Seiten. Göbel hat an der Fachhochschule Ingolstadt Wirtschaftsingenieurwesen studiert und ist vor rund drei Jahrzehnten zu Audi gekommen, wo er an der Seite von Vorstandschef Martin Winterkorn Karriere machte. Als Winterkorn vor zehn Jahren den Vorstandsvorsitz von VW übernahm, ging Göbel mit nach Wolfsburg und kümmerte sich fortan als Generalsekretär um viele große Themen. Um die Übernahmen von MAN und Porsche, um neue Auslandswerke, und anderes mehr.

Winterkorn musste vor knapp zwei Jahren wegen der Abgasaffäre gehen, zusammen mit mehreren Gefolgsleuten. Göbel aber blieb. Ihm vertrauen alle. Die VW-Hauptaktionäre: die Familien Porsche und Piëch sowie die niedersächsische Landesregierung, die ansonsten mit der VW-Spitze wegen deren Umgang mit der Abgasaffäre eher über Kreuz liegt. Die Betriebsräte und die IG Metall, gegen deren Willen niemand den Job eines Personalvorstands bekommt. Und nicht zuletzt setzt auch VW-Chef Müller auf Göbel. Sollte der Wolfsburger Generalsekretär tatsächlich Personalvorstand in Ingolstadt werden, dann hätte Müller einen Vertrauensmann vor Ort.

Der Aufsichtsrat von Audi muss die vier neuen Vorstände erst noch ernennen. Die nächste Sitzung ist für Ende September geplant. Die Personalien könnten aber auch schon vorher entschieden werden, bei einer Sondersitzung oder per Umlaufbeschluss, heißt es in VW-Kreisen. Dann könnte Audi bereits bei der für alle Hersteller so wichtigen Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt die neue Führungsmannschaft präsentieren. Mitte September beginnt die Messe, Personaldebatten möchte man dort nicht führen.

Allerdings könnte die Rochade noch scheitern: Falls sich die beiden großen Lager im Audi-Aufsichtsrat - die Familien Porsche und Piëch sowie die Arbeitnehmerbank - nicht über das Personalpaket als Ganzes einigen können. Das wiederum hängt auch davon ab, ob der von Audi mit der teilweisen Neubesetzung des Vorstands angestrebte Befreiungsschlag überhaupt gelingen kann. Oder ob das unter einem Vorstandschef Stadler gar nicht mehr möglich ist.

© SZ vom 22.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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