Arcandor:"Ein Schlag ins Gesicht"

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Die Zukunft von Arcandor sorgt für Dissens in der Koalition: Kann sich der Handels- und Touristikkonzern mit seinem 50.000 Mitarbeitern selbst retten - oder muss auch hier der Staat helfen?

Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, hat sich entschieden gegen Staatshilfen für den Handels- und Touristikkonzern Arcandor ausgesprochen. "Für Arcandor müssen privatwirtschaftliche Lösungen gefunden werden. Der Konzern verfügt über sehr vermögende Großaktionäre und sehr werthaltige Aktiva. Die Eigentümer können Arcandor also selbst helfen. Weshalb soll der Staat Arcandor retten, wenn die Eigentümer selbst es nicht wollen?", sagte Michelbach am Montag in München.

Verdient der Handels- und Touristikkonzern Arcandor Staatshilfen? Die Politik ist sich uneins. (Foto: Foto: AP)

SPD-Forderungen nach Staatshilfen für Arcandor bezeichnete er als "Ausdruck einer einseitigen Konzernhörigkeit". Die Schwierigkeiten von Arcandor seien nicht Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise. "Arcandor ist in den vergangenen Jahren systematisch ausgenommen worden wie eine Weihnachtsgans. Es ist unerträglich, wenn nun auch noch die Staatskasse zum Plündern freigegeben werden soll", sagte Michelbach. "Das wäre ein Schlag ins Gesicht jedes solide wirtschaftenden Betriebes."

Neben SPD-Chef Franz Müntefering forderte auch Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier über Pfingsten, die Politik dürfe sich auch bei Arcandor nicht heraushalten und den Eindruck erwecken, "als ginge uns die drohende Verödung ganzer Innenstädte in Deutschland nichts an". Es gehe um 50.000 Arbeitsplätze, sagte Steinmeier der Bild am Sonntag.

Koch auf SPD-Kurs

Doch auch Michelbachs Parteifreund, Hessens Ministerpräsident Roland Koch, will Staatshilfen für den angeschlagenen Karstadt-Mutterkonzern Arcandor nicht grundsätzlich ausschließen. "Wir prüfen jeden einzelnen Fall, und so werden wir auch Arcandor prüfen", sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Der Maßstab sei nicht, wie viele Arbeitsplätze bei einem Unternehmen gerettet würden, sondern ob dieses eine Zukunftschance habe, betonte Koch.

Der zweite Maßstab sei, ob der Staat wirklich gebraucht werde, fügte Koch hinzu. Bei Arcandor sei die große Frage, "ob nicht erst einmal alles eigene Vermögen eines Unternehmens eingesetzt werden muss, bevor der Steuerzahler gerufen wird".

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) warnt den Koalitionspartner SPD vor einer Festlegung auf Staatshilfen für Arcandor. "Das Schlimmste, was man dabei machen kann, ist, durch vorauseilende Versprechungen und durch das Ausschließen von Optionen die eigene Position zu schwächen", sagte Guttenberg dem Straubinger Tagblatt.

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