Arbeitsministerium:Neue Arbeit, neue Regeln

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"Arbeiten 4.0": Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beim Kongress in Berlin zur Arbeitswelt im digitalen Zeitalter. (Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa)

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles will den Sozialstaat ins digitale Zeitalter überführen und stößt eine Debatte über die künftige Arbeitswelt an.

Von thomas Öchsner, Berlin

Die fortschreitende Digitalisierung der Arbeit wird nicht zu einem Kahlschlag bei den Arbeitsplätzen führen. Davon ist Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) überzeugt. "Die Technik hat immer neue Arbeit geschaffen. Die Arbeit wird uns nicht ausgehen", sagte sie bei der Konferenz "Arbeiten 4.0" in Berlin. Nahles rechnet aber damit, dass es zu "Anpassungsprozessen" kommen wird. Dies könne die Arbeitsplätze von gering Qualifizierten gefährden, die zuletzt die Verlierer des technischen Fortschritts gewesen seien.

Qualifizierung müsse deshalb "zu einem Leitmotiv" bei der Zukunft der Arbeit werden. Nahles denkt dabei auch daran, die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit zu erweitern und aus der Nürnberger Behörde eine "Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung machen". Diese solle nicht erst dann ins Spiel kommen, "wenn jemand arbeitslos wird".

Nahles will mit dem Kongress eine Debatte über die Arbeitswelt im digitalen Zeitalter anstoßen. Dazu legte ihr Ministerium ein 90 Seiten starkes "Grünbuch" vor, das einen Dialog mit Unternehmen, Beschäftigten und Sozialpartnern in Gang setzen soll. Die Ergebnisse will die Ministerin Ende 2016 in einem "Weißbuch" vorstellen. Am Ende solle ein "neuer sozialer Kompromiss" stehen, sagte Nahles. Darunter kann sie sich einiges vorstellen, etwa viel flexibleres Arbeiten. "Wenn ein Mitarbeiter früher geht, um bei den Kindern zu sein, und abends auf dem Handy schnell noch eine dienstliche E-Mail erledigt, darf er laut dem Arbeitszeitgesetz morgens eigentlich nicht im Büro erscheinen." Ein Unternehmer habe sie darauf hingewiesen, ob das nicht ein Hemmschuh sei - zu Recht, meint Nahles. "Wir brauchen einen klugen und fairen Rahmen, damit die Arbeitszeit im Lebenslauf atmen kann". Sie nennt das "Flexibilitäts-Kompromiss".

Die Ministerin denkt auch an neue Erwerbsformen, wie zum Beispiel bei "Crowdworkern", die über digitale Plattformen Aufträge übernehmen und als Solo-Selbständige womöglich nicht fürs Alter abgesichert sind: "Ob wir ein neues berufsständisches Versorgungswerk für Crowd-worker schaffen werden, oder ob wir die gute alte Rentenversicherung für Solo-Selbständige öffnen - ist nicht entschieden." Ihre Vorgängerin, Ursula von der Leyen (CDU), war mit dem Versuch gescheitert, Selbständigen eine Altersvorsorge langfristig vorzuschreiben.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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