Arbeitsmarkt:Weiblich und prekär beschäftigt

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Niedriglöhne und Armut treffen besonders Frauen, zeigen neue Daten des Statistischen Bundesamts und eine Böckler-Studie.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Auf dem Arbeitsmarkt gibt es selbst in wirtschaftlich guten Zeiten immer auch Beschäftigtengruppen, die ihren Lebensunterhalt nur mit Mühe alleine bestreiten können. Aus einer aktuellen Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zur Qualität der Arbeit geht hervor, dass im Jahr 2014 - neuere Daten liegen nicht vor - gut jeder fünfte Arbeitnehmer zum Niedriglohn arbeitete. Damals entsprach das Stundenlöhnen von weniger als zehn Euro. Besonders weit verbreitet waren Niedriglöhne in Ostdeutschland und unter Frauen. Gering allerdings ist weiterhin der Anteil der Arbeitnehmer mit mehr als einem Job. 2017 traf das nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf zwei Millionen Beschäftigte und damit auf 5,4 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland zu, das ist knapp ein Prozentpunkt mehr als 2011. Nicht immer, aber oft nehmen Beschäftigte einen Zweitjob an, weil ihr erster nicht zum Leben reicht.

Ebenfalls um das untere Ende der Arbeitsmarkthierarchie dreht sich eine neue, von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Demnach umfasst das "Prekariat" auf dem Arbeitsmarkt etwa 12,3 Prozent der gesamten Erwerbsbevölkerung, was gut vier Millionen Menschen entspricht. Gekennzeichnet ist diese Gruppe laut dem Forscherteam um Jutta Allmendinger vom Wissenschaftszentrum Berlin und Markus Promberger von der Universität Erlangen-Nürnberg dadurch, dass sie "längerfristig sowohl von prekärer Beschäftigung als auch von einer prekären Haushaltslage betroffen ist". Gemeint sind Arbeitsplätze mit wenig Perspektive, geringem Einkommen und mangelhafter sozialer Absicherung. Hinzu kommen "Armut, beengte Wohnverhältnisse oder auch Überschuldung".

Grundlage der Untersuchung sind die Daten des Sozio-oekonomischen Panels, das auf regelmäßigen Befragungen von Haushalten beruht. Der Beobachtungszeitraum reicht von 1993 bis 2012. Den größten Anteil innerhalb der Gruppe der prekär Beschäftigten machten Frauen aus, oft mit Kindern. Nicht mitgezählt sind Arbeitnehmer, die zwar vorübergehend prekär beschäftigt sind, aber in einem relativ wohlhabenden Haushalt leben.

Kritik kam vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft. Es wies darauf hin, dass die gewählten Kriterien für die Definition "prekär" in der Studie nicht nur "nachvollziehbare Punkte wie Niedriglohn oder ein geringes Jahreseinkommen" umfassten, sondern auch solche wie die Beschäftigung in einem Kleinbetrieb, in einem Beruf, dessen Arbeitslosenquote über dem Durchschnitt liegt oder der eine physische Belastung bedeute. Nicht jeder Solo-Selbständige lebe unter prekären Umständen, nur weil er in einem Kleinbetrieb arbeite und keine Renten- und Arbeitslosenbeiträge zahle. Auch die Kriterien für eine prekäre Haushaltslage würden weit gefasst.

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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