Apotheker prangern an:Die armen Kassen - alles nur Legende?

Lesezeit: 1 min

Glaubt man den Kassen, nagen die Versicherer am Hungertuch. Dabei ist Geld genug da, sagt zumindest der Chef des Apothekerverbands.

Im Streit um die Zusatzbeiträge haben die Apotheker den gesetzlichen Krankenkassen vorgeworfen, sie würden ihre wahre Finanzlage verschleiern. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, kritisierte in der Bild-Zeitung, die Krankenkassen würden Einsparungen durch Arzneimittel-Rabattverträge nicht an die Versicherten weitergeben.

Mit Rabattverträgen sparen die Kassen Milliardenbeträge beim Medikamentenkauf, dennoch verlangen etliche Anbieter Zusatzbeiträge. (Foto: Foto: AP)

"Die Kassen verheimlichen ihren Versicherten eine Milliarden-Einsparung", sagte Becker. Mit diesem Geld könnten Millionen Versicherte entlastet werden, die jetzt von Zusatzbeiträgen bedroht seien.

Nach Schätzungen des DAV sparen die Krankenkassen über Rabattverträge jährlich deutlich mehr als eine Milliarde Euro ein.

Becker äußerte die Befürchtung, mit diesem Geld würden "steigende Verwaltungsausgaben gegenfinanziert". Der Verbandschef forderte die Krankenkassen zu mehr Transparenz auf.

Auch der Kieler Gesundheitsökonom und Leiter des Instituts für Mikrodatenanalyse, Thomas Drabinski, befürchtet, dass viele gesetzlich Versicherte zu hohe Zusatzbeiträge bezahlen. "Die Zusatzbeiträge könnten deutlich niedriger ausfallen, wenn die Kassen ihre Finanzsituation offenlegen", sagte Drabinski der Bild.

So sei beispielsweise unklar, welche Kassen zu viel Geld aus dem Gesundheitsfonds erhielten. Dieses Geld könnte stattdessen an Kassen mit einem Defizit ausgezahlt werden, so dass angekündigte Zusatzbeiträge geringer ausfallen könnten.

"Äpfel mit Birnen" verglichen

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wies die Vorwürfe zurück. Ohne die Einsparungen durch die Rabattverträge hätten viele Krankenkassen vermutlich schon 2009 Zusatzbeiträge erheben müssen. Auch gehe der Vorwurf steigender Verwaltungskosten ins Leere. Vielmehr lägen die Verwaltungskosten der gesetzlichen Krankenkassen bei nur fünf Prozent und seien im Vergleich zu den Vorjahren prozentual sogar leicht gesunken, teilte der Verband mit.

Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin der KKH-Allianz. Wer die Einsparungen beim Medikamentenkauf mit den Verwaltungskosten verrechnen wolle, vergleiche "Äpfel mit Birnen", sagte sie sueddeutsche.de. Das Problem machte sie an anderer Stelle aus: "Durch die Rabattverträge können wir die Arzneiausgaben mindern, dennoch steigen die Kosten für Medikamente Jahr für Jahr durchschnittlich stark." Besonders die hohen Patentgebühren bei Originalpräparaten würden die Einsparungen egalisieren, sagte die Sprecherin.

Es sei notwendig, die Problematik endlich auf politischer Ebene anzugehen. Die Minderung der Umsatzsteuer für Arzneimittel sei eine angemessene Option, so die Sprecherin.

© sueddeutsche.de/dpa/jcb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: