Angedrohte Pleite von GM:Spiel mit der Angst

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Die US-Regierung droht mit der Pleite von GM, um den Druck auf Mitarbeiter, Pensionisten und andere Gläubiger zu erhöhen. Das aber ist ein gefährliches Spiel des Präsidenten.

Karl-Heinz Büschemann

Die Pleite von General Motors (GM) rückt angeblich näher. Die US-Regierung drängt die Führung des angezählten Detroiter Autokonzerns, die Insolvenz vorzubereiten.

Die Pleite rückt angeblich näher: General-Motors-Händler in New York. (Foto: Foto: Reuters)

Selbst der neue Unternehmenschef Fritz Henderson hält es in öffentlichen Äußerungen inzwischen für eine Option, den einst größten Autokonzern der Welt pleitegehen zu lassen.

Die Drohungen von Regierung und Management sind mit Vorsicht zu genießen. Es sieht nicht so aus, als sei die neue Regierung in Washington entschlossen, GM untergehen zu lassen. Das hätte sie längst haben können.

Gefährliches Spiel

Vielmehr scheint es so zu sein, dass Präsident Barack Obama mit der Pleite-Drohung den Druck auf Mitarbeiter, Pensionisten und andere Gläubiger erhöht, um den Pleitefall doch noch zu verhindern. Das aber wäre ein gefährliches Spiel des Präsidenten. Die Insolvenz eines so großen Konzerns ist eine zu ernste Sache, um sie als taktisches Mittel einzusetzen.

Bei GM geht es um gewaltige Opfer. Da sind die Arbeiter, vor allem aber die 340.000 Pensionäre, die an GM Ansprüche auf Altersversorgung und Krankenversicherung in Milliardenhöhe haben.

Zu leiden hätten auch die Kreditgeber, die dem Konzern Anleihen für 28 Milliarden Dollar abnahmen. Beide haben bisher wenig Konzessionen gemacht. Wie denn auch? Die Arbeiter können nicht einfach auf ihre soziale Absicherung verzichten, die Gläubiger können es sich nicht leisten, ohne Folgen für sie selbst auf die Rückzahlung so hoher Schulden zu verzichten.

Obama aber hat einen mächtigen Hebel in der Hand. Im Pleitefall wären wahrscheinlich alle Ansprüche der Gläubiger und Mitarbeiter hinfällig. Sie werden daher nachgeben müssen.

Die Regierung hat sich aber in ein Dilemma manövriert. Sie muss zahlen, ob GM pleitegeht oder nicht. Sie hätte der reinen Lehre folgen und den Konzern der Pleite ausliefern können. Statt dessen hat sich Obama auf das Abenteuer der Rettung eingelassen. Kredite von 13,4 Milliarden Dollar hat Washington schon gewährt. Der Präsident kommt aus der Verantwortung nicht mehr heraus.

Politischer Druck durch Indiskretionen

Daher rühren wohl auch die Spekulationen, der Staat wolle sich gleich direkt an GM beteiligen. Zieht der Präsident die Reißleine, verliert der Staat seine Kredite ganz, plus die Kosten für die Abfederung der Mitarbeiter und Pensionäre.

Aber obendrein riskiert die Regierung eine Katastrophe am Arbeitsmarkt. Die Pleite von GM hätte wahrscheinlich den Verlust von drei Millionen Arbeitsplätzen bei Zulieferern und Autoherstellern zur Folge. Der Schock würde die US-Wirtschaft in eine Depression stürzen.

Das scheint Obama nicht zu wollen. Er will Gewerkschaften wie Schuldner weichkneten, um GM weiterführen zu können und die schlimmsten Folgen für die Volkswirtschaft zu verhindern. Doch der Präsident und seine Detroiter Eingreiftruppe gehen zu weit, wenn sie ständig damit drohen, GM pleitegehen zu lassen. Wer dieses Szenario bemüht, fügt dem Unternehmen noch mehr Schaden zu, weil es die ohnehin verunsicherten Kunden weiter verschreckt.

Es mag für Politiker normal sein, mit Indiskretionen politischen Druck auszuüben. Doch wenn das Weiße Haus in der Öffentlichkeit durch gezielte Hinweise auf eine mögliche GM-Pleite ein paar Fortschritte erreichen will, geht das über das vertretbare Maß hinaus. Eher drängt sich der Eindruck auf, dass die Regierung gar kein Konzept dafür hat, wie sie die Autoindustrie retten will.

© SZ vom 15.05.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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