An einigen Shell-Tankstellen bekommen Kunden in München neuerdings nicht nur Benzin, Bockwurst und Bier, sondern auch ihre Pakete. Der Online-Versandhändler Amazon bietet seit Juli seinen Kunden in der bayerischen Hauptstadt an, ihre Pakete bei der Tankstelle abzuholen. Dazu verbündet sich Amazon mit dem britisch-niederländischen Ölkonzern Shell. An bislang zehn ausgewählten Tankstellen im Raum München hat Amazon sogenannte "Amazon Locker" aufgestellt.
Zu diesen gelben Metallboxen können sich Kunden ihre Bestellungen automatisch weiterleiten lassen, wenn sie wissen, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung ihres Paketes voraussichtlich nicht zu Hause sind. Sie bekommen dann eine E-Mail mit individuellem Abholcode, sobald die Sendung an der sogenannten Abholstation für sie bereitliegt. Durch die Eingabe des Codes können die Kunden dann ihr Paket aus dem "Amazon Locker" holen.
Jedes siebte Paket der Post war bislang von Amazon. Das könnte sich künftig ändern
Bislang verschickte Amazon seine Pakete hauptsächlich über die großen Paketzusteller Hermes, Deutsche Post und UPS. Dabei war bislang etwa jedes siebte Paket, das der Post-Konzern zustellte, eine Amazon-Lieferung. Das könnte sich künftig ändern. Die neue Allianz mit Shell, über die das Handelsblatt berichtete, ist daher auch ein Angriff auf das Paketgeschäft der Post mit dem Versandhändler. Bislang sollen aber nur erste Erfahrungen gesammelt werden. Weitere Details wollte Amazon am Montag nicht preisgeben.
Die Vorteile der Tankstellen für die Kunden sind klar: Sie sind rund um die Uhr geöffnet, oft leicht erreichbar und bieten ausreichend Platz zum Parken. Durch die neue Zustellmöglichkeit soll wohl auch vermieden werden, dass Pakete von Arbeitnehmern gar nicht mehr abgeholt werden können - schlicht, weil die Paketstation schon geschlossen hat. Auch für Shell, den deutschlandweit zweitgrößten Anbieter von Tankstellen, ist die Kooperation lohnend. Supermärkte haben zunehmend länger geöffnet, die Nachfrage nach Kraftstoffen sinkt, neue Geschäftsfelder sollen erschlossen werden. István Kapitány, Chef des weltweiten Tankstellengeschäfts bei Shell, sagte dem Handelsblatt: "Das Angebot passt gut in unser Konzept, Kunden mit attraktiven Dienstleistungen das Leben ein bisschen einfacher und bequemer zu machen." Durch die Paketabholungen dürfte Shell wohl auch zu einigen zusätzlichen Kunden kommen.
Amazon zieht mit der Zusammenarbeit international nach: In den USA und Großbritannien wurde schon im Jahr 2011 eine ähnliche Kooperation eingeleitet. Packstationen stehen dort auf verschiedenen öffentlichen Plätzen und in Einkaufszentren. Je nachdem, wie erfolgreich die Kooperation verläuft, wird über eine Ausweitung nachgedacht. Der Wachstumsmarkt wäre da: Weltweit hat Shell 43 000 Tankstellen.