Alleinerziehende:Technische Probleme

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Die Entlastung von Alleinerziehenden könnte sich verzögern: Ohne großen Programmieraufwand sei die Anwendung nicht möglich. Und zu diesen Arbeiten sei die Finanzverwaltung derzeit nicht in der Lage.

Von Guido Bohsem, Berlin

Unions-Fraktionschef Volker Kauder war entschlossen, den Streit zu beenden. Mit seinem SPD-Amtskollegen Thomas Oppermann hatte er sich darauf verständigt, den Streit zwischen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) nicht zwischen den Fraktionen fortführen zu wollen. Kauder verkündete daher, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, über den sich die Minister in die Wolle bekommen hatten, deutlich angehoben werde.

Das durfte man getrost als Niederlage des Finanzministers interpretieren, hatte dieser doch den Entlastungsbetrag nicht anheben wollen, falls Schwesig ihn nicht aus ihrem Etat finanziere.

Doch nun scheint es, als ob Schäuble noch eine kleine Genugtuung erfährt. Denn so wie die Fraktionschefs es geplant haben, wird es mit dem Entlastungsbetrag für die Alleinerziehenden nicht laufen. Das jedenfalls führen die Fachleute aus Schäubles Haus an. Im Kern halten sie es technisch nicht für völlig unmöglich, den Entlastungsbeitrag schon für das laufende Jahr anzuwenden.

In einem ersten Umdruck des Gesetzes hatten sie deshalb bereits festgehalten, dass die Regelung erstmals 2016 angewandt werden soll und nicht 2015 wie es die Fraktionschefs gefordert hatten. In den Augen der Fachleute würde vor allem die geplante Staffelung nach Kindern enorme Schwierigkeiten verursachen. Derzeit gewährt das Finanzamt für Alleinerziehende die Steuerklasse II bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Voraussetzungen voraussichtlich nicht mehr vorliegen.

Trotz der Einwände soll das Vorhaben noch dieses Jahr umgesetzt werden

Um einen nach Kinderzahl gestaffelten Freibetrag entsprechend abzubilden, müsste man jedoch in dieser Steuerklasse Untergruppen bilden, wie zum Beispiel die Steuerklasse IIa für zwei Kinder, IIb für drei Kinder, IIc für vier Kinder und so weiter. Ohne aufwändige Programmierarbeiten sei das nicht möglich und dazu sei die Finanzverwaltung derzeit nicht in der Lage, weil zunächst noch andere Aufgaben umgesetzt werden müssten.

Auch könnten die Steuerklassen nicht automatisch aus den Kinderfreibeträgen ermittelt werden. So könne ein voller Kinderfreibetrag sowohl für ein Kind als auch für zwei Kinder stehen (falls bei beiden Eltern jeweils ein halber Freibetrag verzeichnet ist). Auch würden auch nicht automatisch alle Kinder berücksichtigt.

Nach diesen Einwänden aus Schäubles Haus gärte in Teilen der Fraktionen erst einmal die Gerüchteküche. Schäuble, so hieß es, habe womöglich seine Fachleute in ihren Vorbehalten bestärkt, um den Koalitionsfraktionen ihr Vorhaben möglichst schwer zu machen - zumal der Finanzminister noch immer nicht mit Schwesig einig sei, wie denn nun die geschätzten Mindereinnahmen von 80 Millionen Euro für den Alleinerziehungsbeitrag genau finanziert werden sollen. Dieser beträgt derzeit 1308 Euro pro Jahr und soll um 600 Euro erhöht werden soll.

Trotz der Einwände aus der Verwaltung ist man in den Fraktionen aber weiterhin entschlossen. "Die Koalitionsfraktionen haben einem gemeinsamen Beschluss gefasst", betonte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Carsten Schneider. Wie dieses Ziel erreicht werde, sei dabei sekundär. "Entscheidend ist, dass diese Entlastung auch rückwirkend ankommt." Auch Ralph Brinkhaus, Vize-Chef der Unionsfraktion, steht zu der Entlastung der Alleinerziehenden. "Technische Details werden wir zunächst mit unserem Koalitionspartner, dem Bundesfinanzministerium und den Landesfinanzverwaltungen beraten".

Schäubles Leute arbeiten bereits an einer Alternative. Zwar sei es nur schwer möglich, den gestaffelten Entlastungsbetrag schon jetzt so auszugestalten, dass er bei der Auszahlung des Gehalts durch den Arbeitgeber zur Anwendung kommt. Jedoch sei es womöglich machbar, die Programmierung bis 2016 hinzukriegen und den Entlastungsbetrag auszuzahlen, wenn die Alleinerziehenden ihre Steuererklärung machten.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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