Änderungen am Energiekonzept:Aufgeweichter Klimaschutz

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Abschied von den Klimazielen: Das Energiekonzept der Bundesregierung entwickelt sich zum Papiertiger. Auf Druck von Lobbyisten wurde der Entwurf offenbar massiv entschärft.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte das Energiekonzept einst als das "anspruchsvollste Energie- und Umweltprogramm, das es in Deutschland je gegeben hat" vorgestellt, am Dienstag wird das Bundeskabinett nun eine stark verwässerte Fassung verabschieden. Auf Druck von Lobbyisten wurde der Entwurf offenbar inzwischen so entschärft, dass es fraglich ist, ob Deutschland die international vereinbarten Klimaschutzziele wie geplant erreichen kann.

Aufgeweichtes Energiekonzept: Eine Wende in der Klimapolitik der Bundesregierung ist nicht in Aussicht. (Foto: dpa)

So ist zum Beispiel die Verpflichtung zur Energiesanierung der Altbauten im aktuellen Entwurf gestrichen worden, wie die Frankfurter Rundschau berichtete. Damit kommt die Bundesregierung den Wünschen der Hausbesitzer- und Immobilienverbände nach. Zwar bleibe es bei dem Ziel, den Energiebedarf "in der Größenordnung von 80 Prozent" zu senken. Maßnahmen wie Wärmedämmung sollten nun aber freiwillig bleiben und sich am "Wirtschaftlichkeitsgebot" orientieren.

Fördermittel dafür wolle der Bund "im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten" erhöhen. Hierzu habe es aus Regierungskreisen geheißen, die Gelder sollten 2011 von 450 Millionen Euro auf eine Milliarde erhöht werden. Experten halten der Frankfurter Rundschau zufolge fünf Milliarden Euro jährlich für notwendig, um die Sanierung richtig in Schwung zu bringen.

In der ersten Version des von Wirtschafts- und Umweltministerium vorgelegten Konzepts wollte sich die Bundesregierung zudem noch für "ambitionierte CO2-Grenzwerte für Neufahrzeuge einsetzen". Wie die Financial Times Deutschland berichtet, sei die ursprüngliche Vorgabe, die durchschnittlichen CO2-Emissionen von neu zugelassenen Autos von heute rund 160 Gramm pro Kilometer auf 35 Gramm zu senken, ersatzlos gestrichen worden.

Zudem sei auch ein Passus geändert worden, dem zufolge Betreiber von Kohlekraftwerken "im gleichen Umfang ineffiziente emissionsintensive Altanlagen" stilllegen müssen, um Förderung für moderne sogenannte CCS-Kraftwerke zu erhalten. Diese lagern und speichern CO2-Emissionen unter der Erde.

Klimafonds: Gelderumschichtung statt neuer Programme

Die Frankfurter Rundschau weist darauf hin, dass einige feste Finanzzusagen für Klimaschutzmaßnahmen vom Finanzministerium unter Vorbehalt gestellt oder ohne feste Summe in den Energie- und Klimafonds verschoben worden seien. In den Fonds zahlen die großen Energieversorger im Gegenzug zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken einen Teil ihrer Zusatzgewinne ein.

Die erwarteten Milliarden sollen der Financial Times Deutschland zufolge offenbar bereits bestehende Programme finanzieren, die bislang andere Ministerien gezahlt haben - anstatt in zusätzliche Energie- und Klimaschutzprogramme zu fließen.

Angesichts der Rückschritte in der deutschen Klimapolitik ist es unklar, wie der Bund die Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent reduzieren möchte - und den CO2- Ausstoß bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent verringern will. Nach dem Beschluss des Energiekonzepts im Kabinett beginnt die parlamentarische Beratung. Insgesamt leiten sich in Zukunft 60 Gesetze in der Verkehrs-, Energie- und Gebäudepolitik aus dem Konzept ab, das sich von dem ursprünglichen Innovationsgedanken im Bereich der Energie- und Klimapolitik inzwischen weit entfernt hat.

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