24. August 2015:Geheimtreffen

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In Wolfsburg seien hohe VW-Mitarbeiter über alarmierende Entwicklungen in den USA informiert worden, heißt es in einem Medienbericht.

Von Thomas Fromm, Klaus Ott

Alles verheimlichen, das war die Taktik des VW-Vorstands, als der Ende August/Anfang September 2015 von den manipulierten Schadstoff-Messungen bei Diesel-Fahrzeugen in den USA erfahren hatte. Der Aufsichtsrat erfuhr nichts, die Öffentlichkeit erfuhr nichts. Der damals noch von Martin Winterkorn geleitete Vorstand, inklusive Finanzchef Hans Dieter Pötsch, sei davon ausgegangen, sich mit der US-Umweltbehörde EPA still und leise auf eine Lösung mit "überschaubarem finanziellen Aufwand" verständigen zu können. Das entgegnet VW jenen Aktionären, die auf Schadenersatz klagen. Man habe mit einer etwaigen Geldbuße um die 100 Millionen Dollar oder Euro gerechnet.

Viele Aktionäre glauben das nicht, jetzt gibt es neue Zweifel. Die Bild am Sonntag berichtet, bei einem Treffen in der Konzernzentrale am 24. August 2015 im Büro des damaligen Entwicklungs-Managers Heinz Jakob Neußer seien "hochrangige VW-Mitarbeiter" über alarmierende Entwicklungen in den USA informiert worden. Die US-Behörden seien stinksauer über die gefälschten Abgaswerte gewesen, weil sie von VW jahrelang angelogen worden seien.

Das sei einer E-Mail eines Konzern-Mitarbeiters zu entnehmen gewesen, über deren Inhalt man bei der Zusammenkunft geredet habe. Der E-Mail zufolge hätten die US-Behörden mit den höchsten Strafzahlungen gedroht, die je ein Autokonzern habe zahlen müssen. Danach soll es bei dem Treffen am 24. August noch schlimmer gekommen sein. In einer Unterlage sei den Teilnehmern mitgeteilt worden, VW müsse sich auf Strafzahlungen in Höhe von insgesamt mehr als 20 Milliarden Dollar einstellen. Auch ein Mitarbeiter von Finanzvorstand Pötsch sei zugegen gewesen, schreibt Bild am Sonntag. Das liest sich deutlich anders als die Darstellung von VW.

In einem Schriftsatz an das Landgericht Braunschweig entgegnet Volkswagen auf die Klagen von Aktionären, Pötsch sei von einer möglichen Geldbuße in Höhe von maximal einem "hohen zweistelligen bzw. unteren dreistelligen Millionenbetrag" ausgegangen, also um die 100 Millionen. In dieser Entgegnung wird auch ein Treffen vom 24. August 2015 erwähnt, über das Winterkorn anschließend "in knapper Form" informiert worden sei. Details dieser Zusammenkunft nennt VW in seiner Entgegnung nicht, Unterlagen zu dem Treffen sind dem Schriftsatz auch nicht beigefügt. Stattdessen werden zwei VW-Führungskräfte als Zeugen angeboten.

Der damalige Finanzvorstand Pötsch ist heute Aufsichtsratschef und verantwortlich für die Aufklärung der Affäre.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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