Osram:Die Suche nach dem Danach

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In neuem Glanz: Der Petersdom samt Kuppel wird seit einigen Wochen mit Osram-Leuchtmitteln angestrahlt. (Foto: Andreas Solaro/AFP/Getty Images)

Der Münchner Traditionskonzern muss sich wieder einmal neu erfinden.

Von Thomas Fromm, München

Ende Januar war Osram-Chef Olaf Berlien mal wieder im Vatikan. 100 000 Leuchtdioden hatte sein Unternehmen im Petersdom installiert, jetzt sind selbst jene Engel in den Seitenschiffen der Kirche zu sehen, die man eigentlich noch nie so richtig sehen konnte. Osram bringt Licht in den Riesen-Dom - in München spricht man passenderweise von einem "Leuchtturmprojekt", einem Auftrag mit Prestige. Das Problem ist nur: Der Konzern, der früher einmal zu Siemens gehörte, braucht derzeit mehr als Leuchttürme und Prestige.

Osram steckt seit Jahren in einer Art Dauerumbau, und das hat vor allem auch etwas mit dem EU-Verbot von konventionellen Glühlampen und Halogenlampen zu tun. Osram, dieser mehr als 100 Jahre alte Konzern, war damit groß geworden, seine Standard-Glühlampen an jedermann zu verkaufen. Im Sommer 2016 gab der Konzern dieses Traditionsgeschäft unter dem Namen Ledvance an chinesische Investoren ab - immerhin ging es um 40 Prozent des Umsatzes. "Bei einem Fünf-Milliarden-Konzern ist das eine Menge", räumte Berlien vor einigen Monaten im SZ-Interview ein. Es kam, wie es kommen musste: Der neue Eigentümer aus China machte da weiter, wo Osram aufgehört hatte. Er strich weiter Jobs - und beschloss dann die Schließung ganzer Werke.

Es waren einfache Zeiten: Die Welt brauchte Glühlampen, und Osram verkaufte sie

Aber der Lichtmarkt wandelte sich dramatisch, und Osram-Chef Berlien suchte nach neuen Geschäftsmodellen. Leuchtdioden (LED), Infrarot-Chips, Komponenten für Autoscheinwerfer, für Sensoren, die autonomes Fahren ermöglichen, für Smartphones, sogar für Supermärkte, die ihre Salattheken beleuchten. Die Zukunft von Osram heiße Photonik, sagte Berlien. Sämtliche Zukunftsthemen rund ums Auto legte er in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Zulieferer Continental - man stecke halt "mitten in einem grundlegenden Wandel, in einer der größten Transformationen in Deutschland", sagt er. Und die Halbierung des Aktienkurses? "Da geht es mal nach oben, mal nach unten."

Früher war das anders. Die Welt brauchte Glühlampen, und Osram verkaufte sie. Es passte irgendwie, dass das Unternehmen zu einer anderen deutschen Industrie-Ikone gehörte - zu Siemens. Es war die Zeit, als Osram sogar das Münchner Stadtbild prägte: Mit dem Werbeslogan: "Hell wie der lichte Tag", der noch heute, Jahrzehnte später, am Münchner Stachus leuchtet. Schon vor Jahren aber hat sich Siemens bei Osram zurückgezogen, Aktien des Unternehmens sind heute im M-Dax börsennotiert. Die Frage ist nur: Wie lange noch?

Seit Osram an diesem Mittwoch bekannt gab, dass das Management mit den US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle über eine Übernahme verhandelt, ist klar: Nicht nur die Glühlampen sind Vergangenheit. Auch die Eigenständigkeit als börsennotiertes Unternehmen könnte bald zu Ende zu sein - zumindest dann, wenn die Investoren 100 Prozent der Osram-Aktien übernehmen.

Berlien erhofft sich von neuen Großaktionären Unterstützung für seinen Umbau. Allerdings wollen Finanzinvestoren nicht nur über Strategien diskutieren, sondern auch die Dinge verändern. Der Umbau des alten Lichtkonzerns dürfte also in den nächsten Monaten und vielleicht auch Jahren weitergehen. Neue Technologien, neue Arbeitsplätze - und alte Arbeitsplätze, die wegfallen. Osram, der Name setzt sich übrigens aus Osmium (OS) und Wolfram (RAM) zusammen, entfernt sich jedenfalls immer mehr von seinen Ursprüngen.

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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