Logistik:Deutschland im Pakete-Frust

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Internethändler liefern viele Bestellungen gegen Rechnung aus. Dies könnte sich ändern. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Kunden beschweren sich vielfach über unzuverlässige Lieferungen. Immer mehr Pakete kommen zu spät oder beschädigt an.

Von Jan Schmidbauer, München

Ein dünnes Stück Pappe, nicht viel größer als ein Handy, kann einem den ganzen Tag verderben. "Ihr Paket ist da", so lautet meist die freudige Mitteilung auf dem Zettel des Versenders. Das Wort "da" kann allerdings vieles bedeuten: Etwa, dass die wichtige Sendung beim Nachbarn gelandet ist, der in den kommenden sechs Tagen nicht die Tür öffnen wird. Oder, dass das Paket so gequetscht im Briefkastenschlitz steckt, dass der Empfänger nur noch um seinen Wohlerhalt beten kann.

Zerknüllte, verspätete oder gar verloren gegangene Sendungen sind zwar weiterhin die Ausnahme. Doch bei den Verbrauchern wächst der Frust über unzuverlässige Paketlieferungen. Zwar ist unklar, wie viele Pakete im vergangenen Jahr ramponiert oder unpünktlich beim Kunden ankamen. Sicher ist aber: Die Zahl der Beschwerden nimmt deutlich zu. Die zuständige Bundesnetzagentur registrierte im vergangenen Jahr 3900 Beschwerden über Postlieferungen, 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Und beim Großteil der Fälle ging es, na klar, um Pakete.

Am Montag will die Behörde nun erneut über das Ausmaß des Pakete-Frusts informieren. Kurz vor Weihnachten, wo das pünktliche Eintreffen eines Päckchens schon mal über den Familienfrieden entscheidet, könnten die Zahlen für besonders große Aufmerksamkeit sorgen. Ein Wert, den die Behörde bereits bekannt gab, zeigt das Ausmaß des Problems: Die Zahl der Schlichtungsanträge hat sich zuletzt verdreifacht. Kunden wenden sich also deutlich häufiger an die Bundesnetzagentur, weil sie im Streit mit dem Paketversender nicht weiter kommen.

Einige Dienste prüfen höhere Gebühren für Lieferungen nach Hause

Der wachsende Ärger der Kunden hängt jedoch auch mit ihrem eigenen Einkaufsverhalten zusammen. Die Zahl der verschickten Pakete ist durch den Online-Handel massiv gestiegen. Nach Angaben des "Bundesverbands Paket und Express Logistik" wurden im vergangenen Jahr fast 3,2 Milliarden Pakete in Deutschland verschickt, ein Anstieg von mehr als sieben Prozent. Bücher, Möbel, Autoreifen oder sogar frische Lebensmittel: Manche Kunden bestellen fast alles im Netz. Was für sie bequem ist, scheint manchen Postanbieter jedoch zu überfordern. Die Anbieter DPD und Hermes denken schon über Zusatzgebühren nach, die den Aufwand verringern sollen. Eine Lieferung an die Haustür könnte künftig mehr kosten als eine Lieferung in den Paketshop, kündigten die beiden Unternehmen in der Wirtschaftswoche an. "Die Zustellung an die Haustür muss angesichts des hohen Aufwandes teurer werden", sagte Hermes-Deutschlandchef Frank Rausch. Gewerkschaften und auch die Anbieter selbst weisen regelmäßig darauf hin, dass die Pakete-Flut mit dem bestehenden Personal kaum noch zu bewältigen ist. Weil die meisten Paketdienstleister vergleichsweise niedrige Löhne zahlen, fällt es ihnen schwer, neue Mitarbeiter zu rekrutieren und sie langfristig zu halten.

Dieses Problem sehen auch die Verbraucherzentralen. Bei ihnen gingen zuletzt ebenfalls mehr Beschwerden über verspätete oder beschädigte Pakete ein. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen will deshalb ein neues Portal starten, auf dem sich Kunden über Paketdienstleister beschweren können. Wie die Verbraucherschützer am Sonntag mitteilten, wollen sie für einen Zeitraum von zwei Jahren die Seite "Post-Aerger.de" freischalten. Bis vor kurzem hatte die Verbraucherzentrale bereits das Portal "Paket-Ärger" geführt, das in zwei Jahren etwa 21 000 Menschen nutzten. Weil Kunden sich zunehmend auch über verspätete Briefe und unerwünschte Werbung am Telefon beschwerten, wollen die Verbraucherschützer das neue Portal auch auf diese Bereiche anwenden.

Die deutsche Post, die mit Abstand am meisten Pakete in Deutschland ausliefert, weist die Kritik an der Zuverlässigkeit zurück. Ihre Brief- und Paketzusteller lieferten jeden Werktag 59 Millionen Briefe und mehr als 4,3 Millionen Pakete aus. 94 Prozent der Briefe erreichten ihre Empfänger am nächsten Werktag, bei den Paketen seien es 90 Prozent.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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