Heckler & Koch:In großer Finanznot

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Schutzausrüstung: Ein Polizist mit einer Maschinenpistole MP5 von Heckler und Koch im Anschlag. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Der Waffenhersteller ist in einer prekären Lage, trotz eines steigenden Umsatzes. Das Management hofft nun auf das Sparprogramm - und auf neue Kreditgeber.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Sie drücken sich zwar ein bisschen umständlich aus. Dennoch lässt die Ansage der Abschlussprüfer des Waffenherstellers Heckler & Koch AG keine Frage offen. Schon die Zwischenüberschrift auf Seite 63 des Konzernabschlusses für 2018 sagt fast alles: "Wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit". Im darunter folgenden sechszeiligen Absatz schreiben die Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG von einer "wesentlichen Unsicherheit", die "bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit der Gesellschaft zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit" aufweisen könne und die "ein bestandsgefährdendes Risiko" darstelle.

Kurz zusammengefasst: Falls das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Oberndorf 2019 wieder rote Zahlen schreibt, dann droht das Aus. Schon 2018 musste die Aktiengesellschaft einen 80-Millionen-Kredit eines nicht näher genannten Aktionärs aufnehmen, um über die Runden zu kommen.

Das Management schreibt im Konzernbericht von einem "Überbrückungskredit" und räumt die prekäre Lage mehr oder weniger deutlich ein: Der Fortbestand des Konzerns sei "davon abhängig", dass "die Liquiditätszuflüsse für das Jahr 2019 und die Folgejahre im Vergleich zu 2018 deutlich höher sind". Dies könne "nur erreicht werden", wenn die "Produktionsprozesse nachhaltig" verbessert werden und "die geplanten Ausbringungsmengen erreicht" werden. Sollte dies nicht gelingen, bestünden "anderweitige Finanzierungsnotwendigkeiten, für die es dann externer Quellen bedarf". Sollten solche externen Kreditgeber nicht gefunden werden, bestehe "ein bestandsgefährdendes Risiko".

Die Mitarbeiter stimmten Mitte Mai für einen Lohnverzicht

Die Zahlen des Konzernabschlusses unterstreichen diese Diagnose: 2018 wuchsen die Verbindlichkeiten von 332 auf 382 Millionen Euro an. Das Konzern-Eigenkapital liegt bei minus 119 Millionen Euro. Dennoch sei die Fortführung der Geschäftstätigkeit "nicht in Frage gestellt", schreibt das Unternehmen. Diesen Optimismus zieht Heckler & Koch aus einigen Erfolgsmeldungen: 2018 stieg der Umsatz immerhin von 182 auf 221 Millionen Euro, und der Konzern-Verlust wurde verkleinert von 13 auf acht Millionen Euro. Zudem stimmte das Personal Mitte Mai mit knapper Mehrheit für einen Lohnverzicht; demnach arbeitet die Belegschaft künftig 37,5 Stunden pro Woche statt wie bisher 35 - bei unveränderten Bezügen. Zusätzlich verzichten die 900 Mitarbeiter auf eine vorgesehene Einmalzahlung von 400 Euro.

Heckler & Koch wird seit Mai 2018 von Jens Bodo Koch geführt, er trägt aber nur zufällig den Namen des Firmengründers Theodor Koch. Der neue Vorstandschef arbeitet an der Sanierung des defizitären Unternehmens. Hierfür will er Kosten drücken und Abläufe optimieren. Zudem habe er durch "zielgerichtete Refinanzierungsmaßnahmen" die Zinsbelastung erheblich reduziert, wie ein Firmensprecher auf Anfrage mitteilt. Und in einer Mitteilung zum ersten Quartal verkündete Koch immerhin, dass der Umsatz in den ersten drei Monaten 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ein Viertel gestiegen sei. Aber Koch muss in der Mitteilung auch einräumen, dass die Reorganisation offenbar schwieriger ist als gedacht: Der Hauptstandort Oberndorf könne nach wie vor nicht die erwartete Stückzahl herstellen. Die neuen Produktionsverfahren seien "immer noch nicht in der Lage, ihr volles Potenzial auszuschöpfen". Es bleibt also spannend, ob und wie es mit Heckler & Koch weitergeht. Auch das Ende des Strafprozesses wegen unerlaubten Waffenexports nach Mexiko ist noch offen: Das Landgericht Stuttgart hatte im Februar zwei ehemalige Mitarbeiter wegen "bandenmäßiger Ausfuhr aufgrund erschlichener Genehmigungen" zu Bewährungsstrafen verurteilt und angeordnet, von Heckler & Koch den Kaufpreis von 3,7 Millionen Euro einzuziehen. Doch die Verurteilten legten Revision ein. Deshalb muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.

© SZ vom 04.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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