Stilkritik zum Hai-Kostüm:Hai Life zu Karneval

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Wer braucht schon Hintergrundtänzer, wenn er Haie hat? Katy Perry bei der Super Bowl in Glendale, Arizona. (Foto: AFP)

Katy Perrys Backgroundtänzer haben bei der Super-Bowl-Pausenshow in Fischkostümen begeistert - und damit das Problem für Karneval 2015 gelöst. Warum Haie die neuen Katzen sind.

Von Lena Jakat

Haben Sie erst am Wochenende den Haarreif "Sexy Kitten" mit den süßen Puschelöhrchen bestellt, vor dem Spiegel geübt, verführerische Schnurrhärchen auf die Wangen zu zeichnen und sich bei der Frage ertappt, ob das alles so richtig ist? Werfen Sie den Haarreif weg (nicht ohne eine Entschuldigung an die dafür ausgebeuteten Arbeiter in Fernost und die zu Unrecht sexualisierten Katzen)! Ihr Karnevalsproblem ist gelöst - den Backgroundtänzern von Katy Perry sei Dank: Sie gehen als Hai!

Zwar hatte die Sängerin schon in der Vergangenheit auf der Bühne mit Haien zu tun, doch für die Super-Bowl-Halbzeitshow haben sich Perrys Setdesigner jetzt selbst übertroffen. Die beiden Personen im Raubfischkostüm stahlen der Frau im knappen Wasserballkleidchen eiskalt die Schau. Ein tanzender Hai - ganz gleich, wie koordiniert - schlägt jede tanzende Katy Perry und jede tanzende Katze sowieso. Da kann sie sich sexy räkeln so viel sie will. Und falls der Hai auf der Tanzfläche doch mehr erreichen will, hat er immer noch seine Rückenflosse, um ganz unverfänglich das Wasser zu testen, wie der Engländer sagt.

Klingt verlockend? Dann denken Sie erst an die Möglichkeiten, die die Zahnreihenöffnung auf Gesichtshöhe bietet: Das hungrige Haimaul dient nicht nur der Einfuhr alkoholischer Getränke, sondern auch der Ausfuhr verbaler Kommunikation. Karneval ist bekanntlich ein Fest der Kalauer und damit ein Haimspiel für Sie im entsprechenden Kostüm! Denn spätestens seit der öffentlichen Suche nach dem perfekten Titel für "Sharknado 2" ("Sharkalanche"!, "Chew York, Chew York"!, "Eye of the Tiger Shark"!) ist klar: Die Fülle an möglichen, auch anbahnungsrelevanten Hai-Wortspielen lässt jeden Jeck in der Bütt verschrumpeln: Vom unverfänglichen "Hai five" über "Darf ich dich auf einen Hai-Ball einladen?" und einem haißen Stehblues zu "Hungry Hais" bis hin zu "Gehst du mit mir haim?" oder gar "Hai love you!". Klingt doch deutlich verführerischer als dämliches Schnurren.

Halbzeitshow beim Super Bowl
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Sie packt hinein, was hineinpasst in eine Football-Halbzeit: Katy Perry spielt mit Löwen, Haien und fliegt als Stern von Glendale durch die Arena. Für Lenny Kravitz reicht es nur zur Nebenrolle.

In gewisser Weise sind Haie ja überhaupt die neuen Katzen. Shark-Content ist der neue Cat-Content. Kenner sprechen von einem regelrechten Haip. Die Raubfische treffen den Zeitgeist. Sie unterscheiden nicht groß nach Geschlecht (Haben Sie schon einmal von einem Sexy-Kater-Kostüm gehört?). Sie stellen ihre Gefährlichkeit so offen zur Schau, dass sie schon wieder ein wenig lächerlich wirken, fast so wie der ergraute Patriarch, der noch immer mit Altherrenwitzen zu punkten glaubt. Ein Opfer gesellschaftlicher Projektion. Der Hai ist entwaffnend ehrlich. Er überzeugt durch Offenherzigkeit statt Mackie-Messer-Geschleiche. Der Hai ist herrliche Wirtschaftssatire: Da steht er nun, der Kredithai, er kann nicht anders - seine Zähne verraten ihn. Der Hai ist flossenwackelnde Kritik am menschlichen Umweltimperialismus - frei nach Nemo: "Auch Raubfische sind Freunde!".

Und er ist vor allem, so viel mehr als jede Katze: selbstironisch. Können Sie sich ironisch-erotische Katzenöhrchen vorstellen? Na eben! Und falls Ihr Hai unbedingt ein erotischer sein soll, greifen Sie einfach zum Sharkini - dafür müssen Sie weder sich selbst noch die Haie verraten. Der Hai passt einfach perfekt in unsere Zeit der ironischen Oberlippenbärte und selbstkritischen Comicpullover! Wer wüsste das besser als Katy Perry, die auch mal im Salamipizzaeinteiler auf die Straße geht. Ganz ohne Karneval.

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