Kolumne: Gewusst wie:Koffer packen

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Eine Strategie ist: sich selbst austricksen. Wenn man zwei Wochen verreisen will, konsequent so tun, als ob man nur eine Woche fortmöchte. (Foto: Valentina Barreto/imago/Westend61)

Wenn man mit leichtem Gepäck verreisen möchte, hilft es, Hohlräume clever zu füllen. Doch oft bringt einen nur eine spezielle Packstrategie wirklich weiter.

Von Stephanie Schmidt

Ein Filmstar ohne jegliche Marotte, das wäre ja langweilig. Ein wenig wie Tiramisu ohne das charakteristische feinherbe Kakaohäubchen. Leonardo DiCaprio zum Beispiel sammelt alte Actionfiguren der Science-Fiction-Saga "Star Wars". Und Ingrid Bergman? Sie packte die Koffer, schmiss dann alles wieder raus, um andere Kleidungsstücke auszuwählen. Und dann das Ganze wieder von vorn. Ein klarer Fall von Packneurose. Schließlich kam die Hollywood-Schauspielerin auf die Idee, sich einfach all das, was sie dann doch vermisste, an den jeweiligen Drehort nachliefern zu lassen.

Normalsterblichen bleibt ein solcher Service verwehrt. Stattdessen steht man mit einem Koffer am Bahnhof, der vorn einen Schmerbauch und auf der Rückseite ein Bäuchlein hat - schließlich gibt es da zwei Fächer mit Reißverschlüssen für den Notfall, der schon vor Abreise eingetreten ist. Sieht unschick aus, ein solches Gepäckstück. Und dann noch der süffisante Kommentar der Reisebegleitung. Es ist die eigene Mutter, die mit einem schlanken Köfferchen am verabredeten Treffpunkt erscheint und fragt: "Willst du etwa auf Weltreise gehen?" Verdammt, da hat sie recht. Einmal mehr wird nach der Rückkehr als erwiesen gelten: Die Hälfte der eingepackten Dinge war überflüssiger Ballast.

Jedes Mal zu viel Zeug im Koffer? Dann kann vielleicht nur der listenreiche Odysseus noch helfen

Also lautet der Beschluss, dass sich da was ändern muss. Schließlich gibt es professionelle Ratgeber fürs Packen, die mehr bieten als das bekannte Basis-Know-how: schwerere und robustere Kleidungsstücke nach unten, empfindlichere nach oben, die Stiefeletten mit Socken ausstopfen, Parfümpröbchen statt Flakons.

Man könnte zudem diese Profi-Handreichung ausprobieren: T-Shirts und Jeans zu Rollen formen und so in den Koffer einpassen, dass eine möglichst ebene Fläche entsteht. Das reduziert das Volumen deutlich. Darüber kommt eine Schicht Seidenpapier, und obendrauf platziert man den empfindlichen Blazer und die Chiffonbluse. Seidenpapier wird sicherheitshalber auch in die Ärmel und den Schulterbereich gesteckt. Vielleicht kommt man selbst ein wenig zerknautscht an, aber bitte nicht auch noch mit zerknitterten Business- oder Ausgeh-Klamotten.

Auch Krawatten und Gürtel kann man einrollen und damit Hemdkragen befüllen. Ein Knigge-Vergleich zeigt: Viele Tricks zielen darauf ab, wie man das Volumen des Koffers clever ausnützt. Was nicht für jeden Reisenden der richtige Ansatz ist. Oft bedarf es vielmehr einer listenreichen Vorgehensweise, wie sie Odysseus mehrmals auf seinen Irrfahrten übers Meer anwandte; es gilt, die fiese Zauberin im Kopf zu besiegen, die einen immer wieder bezirzen will: "Den ganz dicken Pulli könntest du vielleicht doch brauchen und mit einem vierten Paar Schuhe gehst du auf Nummer sicher."

Eine Strategie ist: sich selbst auszutricksen. Wenn man zwei Wochen verreisen will, konsequent so tun, als ob man nur eine Woche fortmöchte. Das für diesen Zeitraum gewählte Gepäck genügt fast immer, versichern Packprofis. Alternativmethode: notieren, welche Aktivitäten am Zielort geplant sind. Das klingt erst mal spaßbefreit, könnte aber die Last, die man vom Gleis in die Bahnhofshalle hochwuchten muss, wenn der Aufzug mal wieder nicht funktioniert, erheblich reduzieren. Ach, was war das schön, vor gut hundert Jahren. Ein hilfesuchender Blick und ein kleines Handzeichen am Bahnhof - und schon kam der Dienstmann herbeigeeilt, um einem die Koffer abzunehmen.

Tempi passati. Also lieber diese Strategie testen: eine Hose und einen Rock wählen. Dazu passend jeweils drei verschiedene Oberteile, das macht schon mal sechs verschiedene Outfits. Mit Schmuck und ein paar Tüchern werden es noch ein paar mehr. Zu dieser Methode gehört unbedingt: sich die Belohnung visualisieren - und dieses positive Bild beim Meditieren verstärken: Da bleibt mehr Platz im Reisegepäck für Beutestücke! Vielleicht eine in Handarbeit gefertigte Ledertasche aus den Weißen Dörfern Andalusiens. Oder Crémant von der Loire. Selbstverständlich sicher und platzsparend verstaut nach dem Einroll-Prinzip - als Herzstück einer zur Roulade geformten Jeans.

Die Autorin saß gern auf ihrem Balkon - solange bis neben ihm ein Außenaufzug installiert wurde. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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