Interview mit Douce Steiner:"Frauen haben es schwer in der Sterneküche"

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Douce Steiner, Deutschlands einzige weibliche Zwei-Sterne-Köchin, mit ihrem Mann Udo Weiler, der zu ihrem Team gehört. (Foto: Restaurant Hirschen Sulzburg)

Douce Steiner ist die einzige Frau unter den deutschen Zwei-Sterne-Köchen. Im Interview spricht sie über Diskriminierung - und den Unterschied, den sie zwischen männlichen und weiblichen Lehrlingen bemerkt.

Interview von Julia Bosch

Frauen, die für ihr Können in der Küche mit Michelin-Sternen ausgezeichnet werden, sind extrem selten. Alle zehn Drei-Sterne-Köche in Deutschland sind männlich. Mit zwei Sternen kochen 43 Männer und eine Frau: Douce Steiner. Die 45-Jährige, die im Restaurant "Zum Hirschen" im baden-württembergischen Sulzburg tätig ist, spricht über die Diskriminierung von Frauen in Gourmetküchen und erklärt, warum sie kein Verständnis dafür hat, wenn ein Koch seine Sterne zurückgeben möchte.

SZ: Frau Steiner, nervt Sie das Attribut "einzige weibliche Zwei-Sterne-Köchin" eigentlich?

Douce Steiner: Manchmal schon. Seit Jahren werde ich in Interviews vor allem darauf angesprochen. Aber in Sterneküchen ist es genau wie in anderen Firmen: Frauen in Führungspositionen sind noch immer selten.

Also kochen Männer nicht besser als Frauen?

Nein. Sie kochen aber auch nicht schlechter. Dennoch haben Frauen es oft schwer in den männlich dominierten Sterneküchen. Das habe auch ich erlebt. Als ich mich nach meinem Schulabschluss bei zahlreichen Spitzenköchen für eine Lehre bewarb, war es nicht einfach, eine Stelle zu finden. Schließlich lernte ich in der Küche meines Vaters, der ebenfalls Sternekoch war. Nach der Lehre sagte mir ein Sternekoch ganz direkt, dass er keine Frauen einstellt. Schließlich kam ich im Restaurant des Sternekochs George Blanc im französischen Vonnas unter. Doch diese Zeit war wirklich hart: Unter 45 Köchen war ich die einzige Frau. Die Männer ließen mich bis zum Schluss spüren, dass sie der Meinung sind, Frauen hätten in der Profiküche nichts zu suchen.

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Wie erklären Sie sich diese Vorbehalte?

Das kann ich mir nicht erklären. Aber zumindest damals war die Sterneküche eine reine Männerdomäne.

Mittlerweile sind Sie Ihre eigene Chefin. Führen Frauen anders als Männer?

Ich glaube, sie gehen etwas sensibler mit ihren Mitarbeitern um. Wenn ich meine Leute morgens begrüße, sehe ich sofort, ob einer von ihnen schlecht geschlafen hat. Dann frage ich nach - aber auf eine nette Art und Weise. Damit zeige ich meinen Mitarbeitern, dass ich mich für sie interessiere. So etwas machen Männer eigentlich nie.

Ihr Ehemann ist ebenfalls Koch und arbeitet in Ihrem Küchenteam. Was kann er besser als Sie?

Mein Mann ist der Macher, der Umsetzer. Während ich mich morgens um die Organisation kümmere, also für das Restaurant einkaufe, Vorstellungsgespräche führe oder Umbauarbeiten plane, bereitet er in der Küche mit den anderen Teammitgliedern den Tag vor. Ab mittags stehen wir beide gemeinsam in der Küche, kochen und richten an. Ich stehe dabei meist am Pass, sage jedem, was er zu tun hat, bin im Kontakt mit dem Service und nehme mitunter auch Bestellungen bei den Gästen auf.

Was bedeuten die Michelin-Sterne für Ihren Arbeitsalltag?

Für uns ist das ein großer Vorteil. Wirtschaftlich hilft uns diese Auszeichnung sehr, denn dadurch wird die richtige Zielgruppe angesprochen. Außerdem bekommt man als Sternekoch die besten Mitarbeiter, die echten Cracks. Deshalb habe ich auch kein Verständnis dafür, wenn ein Koch seine Sterne zurückgeben will.

Aber kann eine Hinwendung zum Einfacheren nicht auch eine Entlastung sein?

Das denke ich nicht. Ein Koch, der einmal Sterne hatte, wird immer auf diesem hohen Niveau weiterkochen. Letztlich ist es egal, ob er einen Hummer oder ein Schnitzel zubereitet, das ist gleich viel Aufwand, und man gibt sich gleich viel Mühe. Doch ohne Sterne geht viel Werbung verloren, man steht nicht mehr im Michelin-Führer, es kommen weniger Gäste, man hat nicht mehr so gute Mitarbeiter und so weiter. Zugleich bleiben die Kosten hoch.

Ist in der Sternegastronomie nicht auch immer etwas Chichi dabei?

Mag sein - bei uns gibt es jedenfalls kein Chichi. Unser Gasthaus ist ein 500 Jahre altes Gebäude, das seinen ursprünglichen Charakter bewahrt hat. Wir sind ein kleines Restaurant, die Gäste fühlen sich bei uns zu Hause, und das soll auch so bleiben. Manche Gastronomen lassen sich durch die Sterne unter Druck setzen und meinen, sie müssten ihre Einrichtung nach der Sterneverleihung hochwertiger gestalten und teure Veränderungen vornehmen. Dabei macht Michelin keinerlei Vorgaben, was beispielsweise das Geschirr oder die Räumlichkeiten betrifft. Das Besondere an der Sternegastronomie ist die Qualität und Frische der Produkte. Sterneköche kochen zum Beispiel schon lange Bio. Deswegen sind eben auch die Preise höher.

Angeblich können Spitzenköche am Geschmack unterscheiden, ob eine Frau oder ein Mann gekocht hat. Ist das wirklich möglich?

Also ich kann das nicht. Manchmal sagen Gäste zu mir, dass man bei meinem Essen die weibliche Hand spürt. Was mir persönlich immer wieder auffällt, ist, dass männliche Lehrlinge etwas mehr Essen auf einem Teller anrichten als weibliche Lehrlinge - womöglich, weil sie selbst etwas mehr Hunger haben.

An zwei Tagen in der Woche ist Ihr Restaurant geschlossen. Kochen Sie dann privat?

Wir gehen an unseren freien Tagen sehr gerne essen, weil wir es genießen, auch mal bedient zu werden. Wenn unsere Tochter aber zu Hause bleiben will, weil sie lernen muss, kochen wir eben selbst. Das läuft dann immer nach demselben Schema: Entweder mein Mann kocht und ich räume auf. Oder ich koche - und räume auf.

Welches Gericht empfehlen Sie Koch-Anfängern?

Kartoffelchips, das geht wirklich sehr leicht. Festkochende Kartoffeln schälen, hobeln, ausbacken, salzen, fertig. Wer es etwas gesünder mag, kann eine Gemüsesuppe zubereiten: Dazu braucht man frisches Gemüse, das man schält und klein schneidet. Anschließend schwitzt man das Gemüse mit Butter an und würzt es sofort mit Salz und Pfeffer. Das Würzen von Anfang an ist wichtig, sonst schmeckt das Gemüse leicht wässrig. Danach füllt man das angeschwitzte Gemüse mit Brühe oder Wasser auf, kocht es gar, mixt das Ganze und fügt noch einen Schuss Sahne dazu sowie ein Stück Butter oder etwas Olivenöl. Am Schluss noch frische Petersilie dazugeben und die Gemüsesuppe ist perfekt.

Und bei welchen Speisen kann man leicht etwas falsch machen?

Eine gute Sauce zu machen, ist nicht ganz einfach. Genau wie Risotto: Da muss man ständig rühren, schütteln, anschwitzen, ablöschen und immer wieder Flüssigkeit dazugeben. Da gehört schon mehr Erfahrung dazu. Aber auch das lässt sich lernen.

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