Guerilla-Gärtner bepflanzt Schlaglöcher:Es grünt so grün, wenn Londons Straßen blüh'n

Lesezeit: 2 min

Guerilla-Gärtnern: Klingt gefährlich, ist es aber nicht. Bewaffnet ist Steve Wheen nur mit Blumenerde und Pflanzkelle. Sein Ziel ist kein radikaler Regierungswechsel - vielmehr will er die Betonwüsten Londons verschönern und den Anwohnern ein Lächeln entlocken.

Am liebsten beginnt Steve Wheen seinen Sonntag mit einem Besuch beim Floristen. Oft hat er dann bereits eine genaue Vorstellung, welches Schlagloch er in Angriff nehmen will und welche Szene entstehen soll.

Guerilla-Gärtner Steve Wheen erschafft aus Schlaglöchern Kunstwerke und macht so die Welt ein bisschen grüner. (Foto: Getty Images)

Bewaffnet mit Blumenerde und Pflanzkelle erschafft der 33-Jährige Guerilla-Gärtner in den Schlaglöchern von Londons Straßen blühende Gärtchen. Dabei lebt Wheen seine Kreativität voll aus: Er bepflanzt die Schlaglöcher nicht nur, sondern gestaltet mit winzigen Requisiten wie Schaukelstühlen, Modellautos, Telefonzellen oder Gießkannen richtige Miniaturwelten.

"Ich mag es, die Fantasie der Leute anzuregen", so der gebürtige Australier, der nach Vollendung seiner Miniaturkunstwerke gerne vom Straßenrand aus die Reaktionen der Passanten beobachtet.

Mit der Liebe zur Gärtnerei wuchs Wheen, dessen Großvater Blumenzüchter war, in der australischen Hauptstadt Canberra auf. Dort sei die Gartenarbeit eine Familienangelegenheit, sagt er. Als der Kreative vor acht Jahren nach London zog, musste er allerdings die Weite des fünften Kontinents mit einer winzigen Zweizimmerwohnung ohne Garten oder Balkon tauschen.

Mit seinen acht Parks bietet London zwar vergleichsweise viel Platz für Erholung im Grünen. "Doch gerade Ostlondon gleicht vielerorts eher einer grauen Betonwüste", erklärt Wheen, "und so beschloss ich, im Rahmen eines Design-Kurses an der Uni meine Guerilla-Gärtchen zu dokumentieren und einen Blog darüber zu erstellen."

London-Eye und Olympia-Logo im Miniaturformat

Die Dozenten waren zufrieden mit Idee und Umsetzung, die Benotung fiel entsprechend gut aus. Doch das Ende des Kurses war erst der Anfang seiner Miniaturgärten. Die Reaktionen auf sein Projekt waren nahezu durchweg positiv: Unlängst pflanzte Wheen die Mini-Version eines bekannten Wahrzeichens der Stadt, des Riesenrads London Eye, in ein Schlagloch nahe dem Verteidigungsministerium. Prompt näherte sich ein skeptischer Polizist, der sich laut Wheen aber nach genauerem Hinsehen dafür bedankte, dass der Künstler es geschafft habe, ihn mit seiner Straßenkunst aus Narzissen und Efeu zum Lächeln zu bringen.

"Es geht darum, rauszugehen, sich die Hände schmutzig zu machen und etwas zu schaffen, was die Gegend, in der man lebt, verschönert", sagt der Hobbygärtner. Aus Sicherheitsgründen gärtnert Wheen allerdings nie auf stark befahrenen Straßen. "Meistens wähle ich eine ruhige Nebenstraße oder eine Fußgängerzone",sagt er.

Doch von Dauer sind die winzigen Gärten trotz des geringen Durchgangsverkehrs nicht. Die Pflanzen und zumeist auch die Requisiten lässt Wheen an Ort und Stelle. Oftmals finden diese aber ungewollt schnell einen neuen Besitzer.

Von Zeit zu Zeit erhalten die grünen Fleckchen inmitten von Asphalt auch tierischen Besuch von Hund, Katze oder Igel. "Manchmal gehe ich nach einiger Zeit noch einmal hin um zu sehen, ob mein Gärtchen noch existiert", so Wheen. "Und einmal habe ich bemerkt, dass dank der Samen ein Schlagloch im nächsten Jahr von allein wieder erblüht ist."

An Ideen für die Zukunft mangelt es Wheen keineswegs. Auch Fans und Gleichgesinnte schicken Wheen immer häufiger Vorschläge, wie er Schlaglöcher gestalten könnte.

Für dieses Jahr, in dem die Stadt ganz im Zeichen der Olympischen Spiele steht, plant Werbefachmann Wheen einen Miniaturnachbau des 2012-Olympialogos. "Das wird meine bis dato größte Herausforderung", sagt er, "ich kann es kaum erwarten."

© Süddeutsche.de/dpa/jowe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: