Geschmackssache:Lindenblätter

Es ist immer wieder erstaunlich, wie mühelos sich unser nur vermeintlich so reichhaltiges Gemüseangebot ausweiten ließe. Etwa durch Blätter im Salat.

Von Marten Rolff

Der Frühling, daran wird die kleine Schneeverwirrung der vergangenen Woche nichts ändern, ist auch in diesem Jahr wieder unaufhaltsam. Damit schlägt die Stunde der Saisonal-Romantiker. Monatelang mussten sie bei Kohleintopf und Importkartoffeln darben, um so überschwänglicher beschwärmen sie nun Spargelspitzen und Mairübchen, besingen zartes Grün und frische Kräuter. Das Loblied der Saison, das ist trotz allen Pathos eine gute Nachricht, wird immer länger. Denn der Trend geht nicht nur zum Kochen mit der ganzen Pflanze - nach Spinatblättern kommt nun die Spinatwurzel auf den Tisch. Auch das Spektrum der zum Verzehr angepriesenen Flora gedeiht prächtig. So erinnert etwa die Kochbuchautorin Karin Greiner ("Bäume in Küche und Heilkunde", AT-Verlag) an die Bedeutung der Linde als "Salatbaum". Die ölhaltigen Blätter, zur Ernte geeignet ist vor allem junges Laub, schmecken süßlich-grasig bis leicht nussig. Als Beigabe zum Salat sind sie damit eine Erwägung wert (kalt abwaschen!). Greiner schlägt aber auch Lindenblätter-Pesto vor, das nach einem Probelauf in der Küche hier abgewandelt wiedergegeben wird: Aus 1 Handvoll frischen Lindenblättern, 2-3 EL gutem Olivenöl, 1 EL geriebenem Parmesan, 10 g Pinienkernen, 1/2 Knoblauchzehe, je 1 Prise Salz und Chili (Menge etwa für 1 Person) entsteht im Mixer eine duftige Paste mit Noten frischen Grases, die sich tatsächlich recht ordentlich auf Röstbrot oder Nudeln macht. Man muss ja nicht gleich täglich den Stadtpark entlauben, aber es ist doch immer wieder erstaunlich, wie mühelos sich unser nur vermeintlich reichhaltiges Gemüseangebot ausweiten ließe. Das ist am Ende vielleicht die wichtigste Botschaft der Baumküche.

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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