Geschmackssache:Der Spiralizer

Die Nudel war gestern, sie enthält Kohlenhydrate. Böse! Wer es ernst meint, dreht Zucchini durch den Spiralizer und isst sie als Spaghetti.

Von Marten Rolff

Die Muster unseres Essverhaltens sind infantil, das ist bekannt, und doch ist das Ausmaß immer wieder erstaunlich. Einmal Gelerntes wird unter keinen Umständen aufgegeben, der Fisch hat auch für manche 40-Jährige noch als Stäbchen, die Pute als Nugget auf den Tisch zu kommen, und selbst wer beschließt, künftig vegetarisch zu essen, lässt sich Tofu oft noch lange in Schnitzel- oder Hühnerbeinform pressen. Nun gibt es ernsthafte Bestrebungen, sich auch von der Nudel zu verabschieden, ohne dabei auf die liebe Gewohnheit des täglichen Tellers Pasta zu verzichten. Schuld daran sind natürlich die bösen Kohlenhydrate. Eine neue Generation carbophober Blogger hat den Spiralizer gerade zum Küchendings der Stunde erklärt. Das Gerät stammt aus Japan, mithilfe verschiedener Schneideblätter nudelt es Zucchini, Karotten oder Kohlrabi binnen Sekunden zu spaghetti- oder fusilliähnlichen Girlanden, die dann mit den üblichen Pastasoßen verrührt werden. In Großbritannien heißt es, der Zucchini-Absatz sei durch den Spiralizer um 20 Prozent gestiegen, und "Courgetti mit Tomatensoße" (Zucchini heißen Courgettes in England) sind dabei, sich als Gericht zu etablieren. Wer das genussfeindlich findet oder glaubt, ein weiteres Küchenmonstrum sei überflüssig, man könne all das Gemüse ja genauso gut in Scheiben schneiden, der unterschätzt die Entschlossenheit der Foodideologen. Jede Wette: Das fettfreie Olivenöl für "Courgetti al pesto" ist in Arbeit.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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