Geschmackssache:Croissant

Das krumme Teilchen gibt Rätsel auf. Ungewiss ist etwa die Abstammung und Form des Gebäcks und wie es sich vor 150 Jahren quasi aus dem Nichts zum französischen Nationalgebäck aufschwingen konnte.

Von Marten Rolff

Der Mensch akzeptiert nur ungern Dinge, die er nicht erklären kann, zumal wenn sie auf seinem Teller liegen. Besondere Probleme bereitet einigen gerade das Croissant, dessen Sichelform der Forschung ebenso ein Rätsel ist wie die Tatsache, dass das krumme Teilchen sich vor gut 150 Jahren quasi aus dem Nichts zum französischen Nationalgebäck aufgeschwungen hat. So bietet der britische Supermarktriese Tesco seit Monatsbeginn nur noch schnurgerade Croissants an. Grund ist eine Kundenerhebung, nach der sich 75 Prozent der Befragten an der Krümmung störten, weil sie das Bestreichen erschwere. Die bösen Folgen sind laut Tesco klebrige Finger und Marmeladen-Flecken auf dem Tisch. Das wirft natürlich weitere Fragen für die Forschung auf: Ist der Tesco-Kunde koordinationsmäßig in der Lage, einen Becher mit Kaffee zu befüllen? Und was braucht der Bayer für das Schmieren einer Butterbrezn? Ein Begabten-Stipendium? Einer von Dutzenden Theorien zufolge stammt das Croissant übrigens vom österreichischen Kipferl ab. Demnach verdankt es seinen Namen (französisch für zunehmende Mondsichel) einem Wiener Bäcker, der 1683 zur Feier des Sieges über die Türken ein Hörnchen erfand, mit dem er sich über den türkischen Halbmond lustig machen wollte. Bewiesen wurde das nie. Trotzdem berichtete der Guardian gerade ohne jegliche Ironie, dass das Croissant genau deshalb bei islamischen Fundamentalisten in Syrien vom Speiseplan gestrichen sei. Vermutlich ist auch das Unsinn. Aber sollte es stimmen, dann hat mancher europäische Supermarkt-Kunde mit religiösen Ultras mehr gemein, als er denkt.

© SZ vom 12.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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