Geschmackssache:Bowl Food

Der kulinarische Aufreger der Woche? Auf der Prinzenhochzeit wird nur Essen in Schüsseln serviert. Doch wieso faszinieren Bowls die Foodszene so sehr?

Von Marten Rolff

Leider ist es unumgänglich, hier noch einmal über die Prinzenhochzeit zu sprechen. Das liegt am kulinarischen Aufreger der Woche, der da lautet: Auf der royalen Party wird diesen Samstag nur Essen in Bowls serviert. Seit der Palast das vor einigen Tagen bekannt gab, diskutierte England ernsthaft über Schüsseln - und rührte dabei jedes Klischee um, das von jeher mit Bowl Food in Verbindung gebracht wird. Die Sun schwärmte vom "trendy gesundheitsbewussten" Essen, das mit Meghan und Harry in Windsor Einzug halte. In Radiorunden fragten Adelsexegeten besorgt: Ja, ist ein Stehempfang mit Schüsselgerichten denn standesgemäß? Und am Ende blieb einmal mehr die Erkenntnis: Das Bemerkenswerteste am Bowl-Trend ist, was sich alles in einen tiefen Teller hineininterpretieren lässt. Seit etwa fünf Jahren hat sich die Schüssel vom Müsli- und Suppendepot zum heiligen Gral der Foodszene entwickelt, der inzwischen Synonym für alles ist. Die Bowl steht für Schönheit, weil sich Essen darin gut anrichten und auf Instagram inszenieren lässt. Sie gilt als bequem, weil man alles hineinwerfen kann und sie nur oben hübsch sein muss (Sprossen oder Erdnusstopping?). Sie steht für Gesundheit, weil sich Chiasamen und Gojibeeren darin schichten lassen. Sie ist ein Symbol des Teilens wie des Individualismus. Bodenständig (Suppe!), aber auch modern (Ramen und Ceviche!). Und nun ist die Schale auch noch Botschafterin der neuen royalen Lockerheit. Vielleicht ist es langsam mal gut. Denn am Ende ist es ja einfach: Die Schüssel ist ein Geschirrteil. Manche Gerichte sind besser für sie geeignet, andere schlechter. Das wäre dann auch schon alles.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: