Ladies & Gentlemen:Mantelfragen

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(Foto: Max Mara, Giovanni Giannoni/WWD/Fendi)

Lang und weit - die aktuelle Mantelmode spart nicht an Stoff. Ist das genau das Richtige gegen Nordwind oder aber ein wenig zu viel des Guten?

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Hauptsache drüber

Die Mantel-Silhouette dieses Winters ist lang, sehr lang, aber es wäre viel zu einfach zu sagen, dass dies die Komplementierung zu den bereits vor einigen Wochen hier eingeführten langen Röcken ist. Mode ist Zentimeterarbeit, das heißt, zwei Teile dürfen auf gar keinen Fall auf der gleichen Saumhöhe enden. Der lange Mantel wird also entweder mit einem noch längeren Rock oder einem Mini getragen, dann aber bitte offen, auch wenn einem der eisige Wind den Schnee unter die Achseln treibt. Wem das alles zu kompliziert und auch zu blöde ist, sind Hosen ans Herz zu legen.

(Foto: Max Mara)

Das mit den langen Mänteln hatte irgendwann in den Achtzigerjahren aufgehört, der Designer des Labels Saint Laurent grub sie dann aber im vergangenen Jahr wieder aus. Seine Vision vom perfekten Mantel hatte sehr breite Schultern und auf dem Boden schleifende Säume. Die anderen Designer haben diesen Look jetzt quasi übernommen, aber an die Realitäten angepasst, also vor allem an Schneematsch und die allgemeine Verachtung von Schulterpolstern. Sie enden also idealerweise auf Fesselhöhe, so wie das hier zu sehende absolut perfekte, leicht taillierte Doppelreiher-Modell vom italienischen Mantelkönig Max Mara: aus Kaschmir und Wolle und deswegen nicht ganz billig. Aber weil im Winter sowieso vollkommen egal ist, was man drunter trägt, kann das gesamte Kleidungsbudget ja wohl getrost in das Darüber investiert werden. Es gibt nur ein Risiko: je länger der Mantel, desto größer ist die Gefahr, von einem markierenden Hund mit einer Häuserecke verwechselt zu werden.

Für ihn: bodentiefe Standheizung

Um gleich mal was richtig Dämliches zu schreiben: Minus fünf Grad in der Stadt fühlen sich heute irgendwie kälter an als früher. Liegt das an der allgemeinen Verweichlichung, an der Grundkälte der Welt, an den längeren Wartezeiten bei der Bahn oder daran, dass man selbst nicht mehr "brennt" beziehungsweise eben "ausgebrannt" ist? Wie auch immer, kaum fallen mal ein paar Zentimeter Schnee, verwandeln sich die Urbanisten in leidende Polarforscher. Riesige Schals, dicke Mütze, puffige Jacken - jeder ist sein eigener Wärmepumper. Die extralangen Mäntel, die dieses Jahr überall in den Schaufenstern zu sehen sind, unterstützen diese Gefühls- und Wetterlage. Man bewegt sich darin wie an einem Morgen, an dem daheim die Heizung ausgefallen ist und man deshalb in Decke eingewickelt zur Kaffeemaschine tappen muss. Die bereits in den vergangenen Jahren beliebten bodentiefen Steppmäntel sahen allerdings aus, als hätte man unten beim Daunenschlafsack den Reißverschluss aufgemacht - irgendwie nicht zentral männlich.

(Foto: Giovanni Giannoni/WWD/Fendi)

Das gilt für diesen Fendi-Wollmantel nicht, bei dem die Silhouette zumindest oben doch elegant geformt wird und der Träger nicht ganz so aufgepufft wirkt. Andererseits bleibt ein Mann ohne (sichtbares) Geläuf immer eine etwas seltsame und gestauchte Erscheinung, irgendwas zwischen Chauffeur und Gandalf. Ulkig sieht es aus, wenn man in so einem Habit dann eilig irgendwohin muss und die Fetzen und Rockschöße fliegen. Nein, die extralange Mantelform kann man eigentlich nur gemäßigten Schrittes tragen oder damit irgendwo fixmontiert herumstehen. Vielleicht also doch keine ideale Stadtmode.

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