Essen und Trinken:Koch des Jahres - endlich!

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Christian Bau, 46, ist seit 1998 Küchenchef in "Schloss Berg" im saarländischen Perl-Nennig. Seit zehn Jahren werden japanische Einflüsse für seinen Küchenstil immer wichtiger. (Foto: dpa)

Es ist der einzige in Deutschland zu erreichende Titel, der Christian Bau noch gefehlt hat. Jetzt haben die Experten von Gault&Millau ihn wegen seines japanischen Küchenstils mit der begehrten Ehrung versehen.

Von Marten Rolff

Koch des Jahres also, und heimlich werden wohl einige ein "endlich" ergänzen. Christian Bau selbst zögert, wenn man ihn fragt, ob er mit dieser Auszeichnung noch gerechnet hätte, jetzt, mit 46 Jahren, nach fast 20 Jahren als Küchenchef auf "Schloss Berg" im saarländischen Perl-Nennig, zwölf Jahre nach dem dritten Michelin-Stern, nach Höchstbewertungen in fast allen Gourmetführern. Dann räuspert er sich und sagt in weichem Badisch, als Fußballer wolle man Titel gewinnen und als Koch der Oberliga sei das doch nicht anders. "Ich fühle mich deshalb geehrt und bin sehr dankbar". Für "einen der schönsten Tage meines Berufslebens".

Aus dem Munde anderer Köche würden solch brave Sätze klingen wie die üblichen Plattitüden nach jeder Laudatio. Bei Christian Bau dagegen sind sie bedeutungsvoll. Weil es ja kein Geheimnis sei, dass eben dieser eine Titel, "neben dem dritten Stern der wichtigste in Deutschland, mir als Einziges gefehlt hat". Und, dass er sich lange von den Testern des Gault&Millau "geschmäht" gefühlt habe. "Aber nun freue ich mich riesig und wünsche mir, dass es Liebe auf den zweiten Blick ist."

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Für deutsche Spitzenköche ist der November der wichtigste Monat des Jahres, denn dann erscheinen die großen Gastroführer und mit ihnen die Bewertungen der maßgeblichen Restaurants. Wenn der Gault&Millau mit seiner prestigeträchtigsten Auszeichnung einen der etabliertesten Köche des Landes ehrt, dann geht es hier auch um die Geschichte einer Emanzipation. Und zwar zunächst die eines Kochs, der sich auch nach großen Erfolgen noch einmal völlig neu erfunden hat.

Knapp 20 Jahre ist es her, dass Christian Bau und seine Ehefrau Yildiz das Restaurant auf Schloss Berg eröffnet haben. Der Stil war, wie bei den meisten deutschen Spitzenköchen dieser Generation, von der französischen Klassik geprägt und der Erfolg kam für Bau schnell. Dass er als einer der begabtesten Schüler des berühmten Harald Wohlfahrt galt, sei dabei Segen und Fluch zugleich gewesen, sagt er heute. Die Schule war natürlich gut, und so wurden die Gäste aufmerksam, aber das Etikett löste auch Blockaden aus: Er wurde stilistisch mit dem Meister in einen Topf geworfen und "ich war immer nur der kleine Mozart." Nach dem Kochen "Lackschuhe anziehen und bei den Gästen den Grüßaugust machen", gehörte damals dazu, aber auf dem ersten Höhepunkt seines Erfolgs dachte Bau genau deshalb ans Aufhören. Was sollte denn noch kommen?

Ein Netz aus hochklassigen Kleinstproduzenten, auf die andere Köche neidisch sein dürften

Er besann sich schließlich auf seine Liebe zu Japan, entwickelte konsequent einen neuen Stil. Strich als einer der ersten tierische Fette von der Karte, stellte Dashi-Brühen in den Mittelpunkt, arbeitete mit japanischen Zitrusfrüchten und knüpfte ein Netz aus hochklassigen Kleinstproduzenten und Bezugsquellen, auf die andere Köche neidisch sein dürften.

Damals nannte mancher ihn "einen Irren", heute preist der Gault&Millau Baus "kosmopolitische Gerichte von Weltrang", seine "Verbindung von französischer Kochkunst und japanischer Inspiration" oder seine "fanatische" Produktliebe. Bau grillt Langoustine über Holzkohle aus japanischer Steineiche und glasiert sie mit Miso. Und wenn der Gault&Millau auf den Boom kreativer Asienlokale in Deutschland hinweist oder auf den Siegeszug der schonenden japanischen Methode, Speisefische zu töten (Ike Jime), dann könnte Christian Bau nun sagen: Haben wir immer schon so gemacht.

Die neue Ausgabe des Gourmetführers listet Bau erstmals mit 19,5 von 20 möglichen Punkten, nur sechs weitere Köche sind in Deutschland so hoch bewertet. Auf 18 Punkte verbesserten sich Kevin Fehling aus Hamburg ("The Table"), der Münchner Diethard Urbansky ("Dallmayr") und Dirk Hoberg aus Konstanz ("Ophelia"), der für sein Talent, einfache Gerichte auf Haute- Cuisine-Niveau zu heben, als "Aufsteiger des Jahres" geehrt wird.

Insgesamt bewertet der Gault&Millau die deutsche Küche als "so facettenreich und kreativ wie nie zuvor", wünscht sich allerdings mehr (auch politische) Unterstützung für die Spitzenköche, deren Können in der Welt noch zu wenig bekannt sei. Das ist ohne Zweifel so richtig wie altbekannt. Doch vergessen die großen Gourmetführer, dass auch von ihnen zuletzt wenig Impulse ausgegangen sind.

Durchs Land reisende Testerteams mögen wichtig sein, sind aber in der hochkomplexen, modernen Gastronomie zu wenig. Welche Rolle sollten die so wichtigen Sponsoren in der Hochküche spielen? Wie definiert sich über Technik und Aromenkombination hinaus heute die Handschrift eines Kochs? All das sind Fragen, welche die Restaurantkritik sehr wohl betreffen. Vielleicht lässt sich da auch von Christian Bau lernen, der sagt: "Ich war früher nicht immer souverän. Ich habe Fehler gemacht. Aber ich habe aus ihnen gelernt."

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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