Beauty:Tief verwurzelt

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Mitten im Bregenzer Wald im Westen Österreichs stellt eine Hotelbesitzerin eigene Naturkosmetik her und verkauft sie an Luxus-Boutiquen in aller Welt.

Von Julia Rothhaas

Das erste Körperpeeling war ein Reinfall. Eine Mischung aus Gebirgssand, Asche und Öl sollte die Haut schön geschmeidig machen, stattdessen klebte die braune Masse so fest an Susanne Kaufmanns Körper, dass ihr eine Freundin das Ganze wieder abbürsten musste. So verschwand mit der klebrigen Kruste auch die Idee, selbst Naturkosmetik herstellen zu wollen.

Naturkosmetik aus dem Bregenzer Wald. (Foto: PR)

Das ist mehr als 15 Jahre her. Über ihre anfänglichen Versuche kann die 48-Jährige heute nur lachen. Längst werden die Cremes, Gels und Seren professionell in ihrer Heimat Österreich gefertigt, und anschließend in ausgesuchten Drogerien in Paris, New York und Hongkong oder gleich im Luxushop Net-a-porter.com verkauft. Ihr ist es gelungen, auf dem umkämpften Beauty-Markt den Zeitgeist zu treffen, bevor Naturkosmetik außerhalb des Biomarktes groß gefragt war. Und das, ohne Marketingkampagne, sondern vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda. "Ich wollte ein ähnliches Niveau erreichen wie Estée Lauder oder Helena Rubenstein", sagt Susanne Kaufmann, eine Frau mit blonden Haaren und dunklen Augenbrauen. "Aber eben mit natürlichen Inhaltsstoffen wie Johanniskraut, Kamille, Malve und dabei so wirksam, dass sie der herkömmlichen Kosmetik in nichts nachsteht". Wie man sie aber vertreibt und wie viel ein Tiegelchen kostet, wusste sie 2003, als sie mit der Produktion begann, nicht.

Weil für die Einfuhr nach China Tierversuche verpflichtend wären, liefert sie nicht dorthin

Susanne Kaufmann ist es gewohnt, ins kalte Wasser zu springen. Als sie 1994 gerade die Hotelfachschule im schweizerischen Montreux beendet hatte, starb ihre Mutter. Der Vater, ein Architekt, führte kurzerhand das familieneigene Hotel Post im Bregenzer Wald weiter, war als Hotel-Novize aber schon bald damit überfordert. Also übernahm seine Tochter Susanne die Leitung. Mit 23 Jahren, als Gastgeberin in fünfter Generation. "Mir war klar, dass ich für die Gäste auch Schönheitsbehandlungen anbieten möchte", sagt Kaufmann. "Also habe ich mich gefragt, was ich tun kann, um die Menschen nach Bezau zu locken?"

Der Ort ist das, was man verschlafen nennen darf, ohne jemanden damit zu beleidigen. Rundherum grüne Berge, im Dorf alte Bauernhöfe und moderne Holzhäuser, die Hauptstraße führt an dem Gasthaus vorbei, das 1859 von Kaufmanns Ururgroßvater erbaut wurde. Davor stehen große Kastanienbäume, zum modernen Anbau dahinter gehören puristische Zimmer, die Tennishalle, eine erstaunliche Holzkonstruktion, sowie das Spa - ganz in Weiß -, das mehr an eine Raumstation als an einen Schönheitssalon erinnert.

Alles Natur: Susanne Kaufmann setzt auf Kräuter. (Foto: PR)

Weil sie mit keiner der Kosmetiklinien, die sie anfangs ausprobierte, wirklich zufrieden war, bat sie nach ihren Selbstversuchen einen befreundeten Kosmetikhersteller aus der Umgebung um Hilfe. Mit einer klaren Vision: "Ich bin hier draußen aufgewachsen. Wir haben schon als Kinder für unsere Omas Kräuter gesammelt für Tees oder Heilmittelchen, deswegen stand für mich fest, welche Inhaltsstoffe ich für meine Kosmetik verwenden möchte." Natürliche Wirkstoffe in minimalistischen Fläschchen und Tiegeln, die allerdings auch ihren Preis haben. Wer dann die moderne Produktionshalle besichtigt, versteht, warum etwa ein Kaufmann-Deo 39 Euro kostet. Das Etikett wird per Hand auf jeden Stick geklebt, damit alle gleich gerade sitzen. Ein Großteil der Zutaten wächst auf umliegenden Feldern, jede Produkt-Charge wird von Kaufmann selbst überprüft, ein Großteil der Cremes oder Reinigungsgels wird per Hand abgefüllt. Ihre Philosophie findet sich selbst im vollautomatischen Palettenlager wieder, ein Holzbau ("Wir wollten keinen Billig-Stahl") mit Solaranlage auf dem Dach. Obwohl der asiatische Markt derzeit der stärkste ist, liefert sie nicht nach China. Aber dafür wären Tierversuche verpflichtend, das kommt für sie nicht infrage. "Wir hätten in all den Jahren bestimmt schneller wachsen können", sagt Kaufmann. "Aber wir wollten an unserem Qualitätsanspruch festhalten."

Für ein Nein hat sie sich auch in Bezug auf ihr Hotel entschieden. Der Wellness-Markt ist heiß umkämpft, Hotels werden heute vor allem an Anzahl und Größe ihrer Saunen und Badehäuser bewertet. Das Hotel Post soll hingegen nicht größer werden als unbedingt nötig. Stattdessen setzt sie auf Retreats in Form von Detox- oder Yoga-Wochen für ausgelaugte Stadtmenschen. Damals wollte sie das alles einfach mal ausprobieren, sagt sie. Heute steht fest: Das kalte Wasser, es hat Susanne Kaufmann ganz gutgetan.

© SZ vom 08.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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