Zylinderköpfe:Hamilton kann über Wasser gehen

Der Mercedes-Teamchef huldigt den Fahrkünsten von Lewis Hamilton. Sebastian Vettel ist genervt von der Unzuverlässigkeit der Italiener. Die Zylinderköpfe der Formel 1.

Von Elmar Brümmer, Silverstone

Lewis Hamilton

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(Foto: Getty Images)

Zweiter Sieg in einer Woche, dritter nacheinander beim Großen Preis von Großbritannien, vierter in fünf Rennen: Lewis Hamilton hat den Lauf, und die Formel-1-Weltmeisterschaft kann zur Saisonhalbzeit kippen. Und schon fragt das britische Publikum, ob der 31-Jährige der GOAT ist - der "greatest (driver) of all times". Er dürfte sich so gefühlt haben, beim Sprung über die Leitplanke nach dem Regenwalzer von Silverstone, als ihn die Menge über den Kopf die Tribüne hochreichte. Der Titelverteidiger hat Rockstar-Qualitäten, fahrerische sowieso. "Als ob er übers Wasser gegangen ist", schwärmte Teamchef Toto Wolff. Weit weg von allen, fern jeder Kollision. Auf den Podium gab er den Eintänzer, elektrisiert von 130 000 Fans: "Seid ihr so glücklich wie ich? Ich glaube nicht, dass man so glücklich sein kann wie ich heute." - Und ab nach London zur Party. Mit nur noch einem Punkt Rückstand.

Nico Rosberg

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(Foto: dpa)

Ein winziges Pünktchen ist es noch, das der Wiesbadener zur Saisonhalbzeit Vorsprung auf Lewis Hamilton hat. "Das Glas ist halb voll", befand der Mercedes-Pilot nach dem zweiten Platz von Silverstone, wo er sich von den Briten zunächst ausbuhen lassen musste. Das war noch vor der umstrittenen Zehn-Sekunden-Strafe gegen ihn und Mercedes vier Stunden nach dem Vorfall. Bis dahin hatte sich Rosbergs Enttäuschung in erträglichen Grenzen gehalten. Doch die Schrecksekunden mit dem zickenden Getriebe ("Ich dachte, ich bleibe gleich stehen") hatten ihr Nachspiel. Die Ingenieure hatten geglaubt, der Notfall setze die Hilfestellung über Funk außer Kraft. Rosberg wurde angewiesen, den siebten Gang zu meiden und bekam einen Reparaturcode für die Elektronik. Das war für die Rennkommissare, zwei der vier aus England, zu viel. So bringt man sich wieder ins Gerede. Am Ende wurde Rosberg auf Rang drei strafversetzt.

Kimi Räikkönen

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(Foto: AFP)

Es gab wenig bis keine Alternativen, und zusätzliche Unruhe kann Ferrari auch gerade nicht gebrauchen. Deshalb ist der Finne auch 2017 der Nebensitzer von Sebastian Vettel. Wenn der Iceman spricht, dann meist in der Opposition. Auch im Fall seiner Kritiker in dieser Saison: "Ich fahre so gut wie immer. Schlechte Resultate heißen ja nicht, dass man nicht hundert Prozent gegeben hat." Das hieß am Sonntag demnach: guter Fünfter. Bei aller Ignoranz hätte auch der Finne sich ein schöneres Dienstjubiläum vorstellen können - es war sein 100. Grand Prix für die Scuderia. "Das hört sich nicht nach viel an, aber es sind eine Menge Jahre." Länger haben es nur Michael Schumacher, Felipe Massa und Rubens Barrichello in Maranello ausgehalten - Letzteren wird Räikkönen nach den kommenden beiden Rennen überholen.

Max Verstappen

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(Foto: Getty Images)

Dritter im Rennen von Silverstone, damit hätte der Renn-Teenager jetzt alle Podiumsstufen durch, seit er im Mai von Toro Rosso zu Red Bull Racing befördert worden ist. Nachträglich gab es das Upgrade auf Rang zwei. Damit hat er seinen Papa Jos überholt, der es bei mehr als 100 Starts nur auf zwei Podestplätze gebracht hatte. Seine Duelle mit Nico Rosberg waren die einzig nennenswerten beim Regen-trocken-Walzer in Mittelengland. Teamkollege Daniel Ricciardo hatte als Vierter das Nachsehen, und war auch in der Qualifikation das erste Mal vom Niederländer geschlagen worden. Der Australier lamentierte über den 18-Jährigen: "Seit Max im Team ist, haben wir eine hektische Atmosphäre. Er ist ja gerade in die Pubertät bekommen. Mal sehen, ob es besser und er erwachsen wird." Eins gesteht Ricciardo dem Rivalen aber zu: "Es scheint so, als ob er das Beste herauskitzelt - aus uns beiden."

Sebastian Vettel

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(Foto: AFP)

Als Elfter losfahren und Neunter werden, das ist weder Ferrari-Stil noch Vettel-Territorium. Aber der dritte Getriebewechsel innerhalb einer Woche hatte ihm eine Strafversetzung um fünf Startplätze eingebrockt. Und so musste er sich im Mittelfeld herumschlagen, und einmal sogar den Brasilianer Felipe Massa von der Piste drängen, um mehr als einen Ehrenpunkt zu holen. Die Unzuverlässigkeit bei den Roten nervt ihn: "Das Problem ist, dass es immer andere Ursachen hat. Wir müssen diese Schwäche so schnell wie möglich abstellen." Unterm Strich, befand er nach dem zehnten WM-Lauf, habe man zu viele Fehler gemacht: "War einfach nicht unser Tag, das waren nicht unsere Bedingungen." Kein Rhythmus, viel Verkehr, aber keine Aufgabe: "Wer das sagt, dem fehlt die Weitsicht. Das war das erste Rennen, bei dem wir nicht auf Augenhöhe waren."

Jenson Button

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(Foto: dpa)

Es ist der große Traum, vielleicht war es seine letzte Chance: Es einmal in der Karriere aufs Podium in Silverstone zu schaffen. Seit 2000 hat es für Jenson Button nur zu zwei vierten Plätzen gereicht. Im Immer-noch-Hinterbänkler-Auto von McLaren reichte es nicht mal zu einem Ehrenpunkt, nur zu Platz zwölf, immerhin vor dem Rivalen Fernando Alonso. Das ist ordentlich für das Team, aber es kann Button nicht reichen. Vermutlich wird der Senior der Königsklasse durch den Belgier Stoffel Vandoorne ersetzt. Der 36-Jährige kann dann nur noch auf ein Gnadenjahr bei Williams hoffen, wo seine Karriere begann: "Ich mache immer den besten Job, den ich kann. Aber Rennfahren macht nur Spaß, wenn man die Chance auf Erfolg hat." In Silverstone hatte er es wegen eines Fehlers nicht mal über die erste Qualifikations-Runde hinaus geschafft. Startplatz 17 war damit schon das Ende der Hoffnungen.

Vijay Mallya

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(Foto: REUTERS)

Er kann nur ein Rennen im Jahr besuchen, was etwas wenig erscheint, wenn man einen Formel-1-Rennstall (und ein so großes Ego) besitzt. Vijay Mallya darf Großbritannien nämlich nicht verlassen, seit sein Heimatland Indien den Diplomatenpass eingezogen hat, damit der ehemalige Fluglinien-Besitzer wegen der Pleite der Airline nicht vor der Strafverfolgung in Indien flüchten kann. Da bleibt Mallya lieber im Exil, reicht ja, dass Teammitbesitzer Subrata Roy wegen Betrugs im Knast sitzt. Alles kein Problem, befindet der Mann, der den persönlichen Nachlass von Mahatma Ghandi (auch die Brille) aufgekauft hat. Sein Rennstall ist ja erfolgreich, Platz sechs und sieben für Sergio Perez und Nico Hülkenberg beim Heimspiel in Silverstone. Und Mallya träumt von einem Grand Prix auf Barbados - in der Karibik betreibt sein Sohn schließlich schon eine Cricket-Liga.

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