Zweite Handball-Bundesliga:Spatz erinnert sich

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"Jetzt sind wir konkurrenzfähig - gegen jeden Gegner", sagt Großwallstadts Trainer Ralf Bader. (Foto: Joaquim Ferreira /HMB-Media/imago)

Seit vier Spielen ist der TV Großwallstadt in der zweiten Handball-Bundesliga unbesiegt - für Trainer Ralf Bader ist das aber erst der Anfang. Und der Teammanager findet eine einfache Erklärung.

Von Sebastian Leisgang

Man kennt diese Sätze, man hat sie, an guten wie an schlechten Tagen, unzählige Male gehört. Spieler wollen das den Leuten ja immer genauso weismachen wie Trainer: dass sie, erstens, niemals auf die Tabelle schauen - und dass sie, zweitens, keinen blassen Schimmer haben, was überhaupt so in der Zeitung steht. Auch Ralf Bader sagt: "Ich lese nichts. Ich bin lange genug dabei. Ich weiß, was nach Siegen geschrieben wird, und ich weiß auch, was nach Niederlagen geschrieben wird."

Dazu muss man wissen: Es würde Bader, dessen Vertrag am Donnerstag vorzeitig verlängert wurde, bestimmt Freude bereiten, wenn er sich in diesen Tagen doch mal entschließen sollte, zum Kiosk seines Vertrauens zu fahren und sich eine Zeitung zu kaufen. Darin würde er dann, wie Anfang Dezember, Begriffe lesen wie: Gala. Oder, auch dieses Wort bemühten lokale Medien, als der TV Großwallstadt vor zwei Wochen in Bietigheim-Bissingen 28:17 gewonnen hatte: Machtdemonstration.

Bader, 40, kann damit nicht allzu viel anfangen. Seine Mannschaft hat zwar kein einziges der vergangenen vier Spiele in der zweiten Handball-Bundesliga verloren, Großwallstadts Trainer aber sagt: "Superlative bringen uns nicht weiter." Andererseits, das findet Bader dann schon: Sein Team hat in dieser Saison schon eine ganze Menge für positive Schlagzeilen getan.

Der Verlauf des Aue-Spiels entspricht der Chronologie der ganzen Saison

Exemplarisch sei das jüngste 27:27 in Aue hergenommen. Die Partie liegt zwar schon beinahe eine Woche zurück, ist aber alleine deshalb noch von Belang, weil sich das Unentschieden in einen größeren Kontext setzen lässt. Dass Baders Mannschaft schlecht ins Spiel fand und nach etwas mehr als elf Minuten einem 1:8 hinterherlief, dass sie sich dann zurückmeldete, dass sie wieder nachließ und am Ende doch recht zufrieden war mit dem Punktgewinn, all das ist ja nicht nur die Chronologie des Aue-Spiels - es ist die Chronologie der gesamten Saison.

Zum Auftakt verlor Großwallstadt, dann folgte zwar ein Sieg, doch nach den ersten fünf Begegnungen stand der TVG mit 2:8 Punkten da. Inzwischen hat der Aufsteiger vier Zähler Vorsprung auf die Abstiegszone.

Spricht man Bader nun auf das Remis in Aue an, so sagt er: "Wir haben das Spiel in den 60 Minuten eigentlich zwei- oder dreimal verloren. Was dann passiert ist, liegt daran, dass wir eine gewisse Sicherheit haben und das Vertrauen, dass wir mit unseren Mitteln auch in kurzer Zeit etwas reißen können." Unsere Mittel. Damit meint Bader in erster Linie die Deckung. Sie ist Großwallstadts Trumpf in diesen Wochen. Sie hilft dem Team, auch heikle Phasen einer Partie durchzustehen und am Ende doch erfolgreich zu sein.

"Wir haben die Abläufe in der Abwehr simpler gemacht, um für Klarheit zu sorgen", sagt Bader und schlägt dann noch einmal die Brücke zu Aue: "In den ersten Spielen wäre wahrscheinlich zur Halbzeit Ende gewesen. Da hätte uns der Rückstand zu sehr auf den Schultern gelastet. Jetzt sind wir konkurrenzfähig - gegen jeden Gegner." Ist die derzeitige Serie von vier Spielen ohne Niederlage also erst der Anfang? Der Anfang einer Geschichte, die dieses Mal ein gutes Ende nimmt?

Viele Spieler, sagt Teammanager Spatz, haben nun Zweitliga-Erfahrung - und die neuen machen sich wenige Gedanken

Ein Anruf bei Michael Spatz, in der Abstiegssaison 2018/19 noch Rechtsaußen, Leistungsträger und Führungsspieler des TVG, inzwischen als Teammanager für den Klub tätig. Was ist jetzt anders, verglichen mit der verkorksten Saison vor zwei Jahren?

Spatz, 38, hat auf Anhieb eine Antwort parat. Er nennt die Namen Jan Steffen Redwitz, Mario Stark, Dino Corak, Lars Spieß und Florian Eisenträger, dann sagt er: "Die haben alle schon ein Jahr in der zweiten Liga hinter sich und können diese Erfahrung jetzt einbringen, auch wenn es damals nicht gut ausgegangen ist." Was aber, denn das kann ja nicht alles sein, ist mit all den Spielern, die vor dieser Saison in zweistelliger Zahl nach Großwallstadt gekommen sind? "Die Neuen", sagt Spatz, "machen sich gar nicht so viele Gedanken."

Es ist eine einfache Erklärung, die der Teammanager des TVG da anführt, eine Erklärung aber, die tatsächlich schon genügen könnte, um im ersten Schritt den Aufschwung am Untermain verständlich zu machen - und im zweiten auch nachvollziehen zu können, warum Bader glaubt, schon bald nicht nur Zeitungen, sondern auch die Tabelle meiden zu können. Großwallstadts Trainer sagt: "Ich bin davon überzeugt, dass wir uns dieses Jahr zwar im hinteren Feld der Tabelle bewegen werden, aber schon mit Abstand zu den Abstiegsplätzen."

Dann sagt Bader noch: "Das Ziel ist natürlich, dass wir irgendwann nicht mehr so häufig auf die Tabelle schauen müssen."

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