Zweite Bundesliga:Treu im Gegenwind

Lesezeit: 2 min

Freiburger Schule: Christian Preußer arbeitet seit Sasionbeginn am Rhein. (Foto: Norbert Schmidt/imago)

Fußball-Zweitligist Düsseldorf treibt der Abstiegszone entgegen und setzt auf branchenuntypische Mittel: Nicht der Trainer der Fortuna wird entlassen - sondern der Vorstand neu aufgestellt.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

"Fußballfachlich ist der Alexander Jobst ziemlich talentfrei", hat jemand ganz schön frech über den neuen Vorstandsvorsitzenden von Fortuna Düsseldorf behauptet. Den Atem hat im digitalen Auditorium einer virtuellen Pressekonferenz trotzdem niemand angehalten, denn es war Jobst selbst, der da in der dritten Person lakonisch über sein eigenes Fußball-Vermögen gesprochen hat. Jobst, 48, ist im Wirtschaftlichen zuhause, im Sportlichen wird er dem überraschend in Abstiegsgefahr geratenen Fußball-Zweitligisten aus der NRW-Landeshauptstadt nicht helfen können. Aber damit hatte auch niemand gerechnet.

Es ist nicht verwunderlich, dass das schwache erste Saison-Halbjahr mit nur drei Punkten Vorsprung vor der Abstiegszone personelle Konsequenzen bei der Fortuna nach sich zieht. Überraschend ist allerdings, dass es nicht den Trainer Christian Preußer trifft, der im vergangenen Sommer vom Drittliga-Aufsteiger SC Freiburg II gekommen war; mit dem 37-jährigen Coach wollen die Düsseldorfer trotz des Stotterstarts langfristig zusammenarbeiten. Tabula Rasa macht die Fortuna vielmehr im Vorstand.

Des Vorsitzenden Thomas Röttgermann, seit längerem umstritten, entledigt man sich dem Vernehmen nach über ein der Degradierung verdächtiges und von Röttgermann abgelehntes Scheinangebot. Der Sportvorstand Uwe Klein wurde suspendiert. Und dem Marketingvorstand Christian Koke wird der bald auslaufende Vertrag nicht verlängert. Übrig bleibt aus dem Vorstand allein Klaus Allofs, 65, der eine Beförderung zum Vorsitzenden abgelehnt haben soll, weshalb er nun als Sportvorstand firmiert. Passend zu Allofs' aktiver Vergangenheit geht Fortunas Saison am Samstag mit einem Auswärtsspiel bei Werder Bremen weiter.

Klaus Allofs bleibt - und äußert Skepsis

Nachdem die Fortuna in der vergangenen Zweitligasaison um zwei Plätze und sechs Punkte an der Aufstiegsrelegation vorbeigeschrammt war, trennte sich der Klub vom Trainer Uwe Rösler, der in seiner eineinhalbjährigen Tätigkeit auf die fade Bilanz von einem Bundesliga-Abstieg und einem verpassten Wiederaufstieg gekommen war. Mit Preußer setzt man auf einen jungen, eher unbekannten Nachfolger, der in der zweiten Freiburger Mannschaft fünf Jahre lang gute Arbeit geleistet hatte.

In Düsseldorf haben sich die Erwartungen bislang zwar nicht erfüllt, allerdings erklärte Allofs bereits früh im Winter: "Wir können nicht sagen, wir gehen gemeinsam diesen Weg, und dann kommt der erste Wind und wir fallen direkt um." Sowohl Allofs einst als Sportchef in Bremen als auch Preußer in Freiburg haben gute Erfahrungen gemacht mit einer langjährigen Arbeit, die auch mal ein Tief aushält. Solche Treue kannte man in Düsseldorf in den vergangenen Jahren eher nicht. Bei der Fortuna funktionierten die sogenannten Branchen-Mechanismen meist wie geschmiert.

Neuer Vorsitzender des Vorstands wird am 14. Februar also der vormalige Marketingchef des Bundesliga-Absteigers Schalke 04. Jobst hat auf Schalke zehn Jahre lang und auch parallel zur sportlichen Talfahrt eine weitgehend erfolgreiche Vertriebsarbeit geleistet. Fortunas Aufsichtsratschef Björn Borgerding erhebt Probst zu "einem der Topmanager der Fußballbranche". Auch Fortunas neuer Finanzvorstand Arnd Hovemann, 48, hat eine Schalke-Vergangenheit. Er ist seit August 2019 bei der Fortuna und wird nun ins höchste Gremium befördert.

Dass die Veränderungen nicht geräuschlos vonstatten gegangen sind, deutet Aufsichtsratsboss Borgerding selbst an, indem er betont: "Wir haben als Aufsichtsrat bewiesen, dass wir handlungsfähig sind." Dieser vermeintlich harmlose Satz kann zugleich als Ermahnung an Allofs interpretiert werden, der sich mit Kritik an der Neuaufstellung des Vorstands nicht zurückhält und unverhohlen äußert, dass er gerne mit Röttgermann weiter zusammengearbeitet hätte. Zu ihm unterhält er ein freundschaftliches Verhältnis: "Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mir den Vorstand in einer anderen Konstellation gewünscht hätte."

Dass nun Klarheit herrsche, gesteht Allofs allerdings ein, erhöhe "die Wahrscheinlichkeit deutlich, mit der Fortuna erfolgreich zu sein". Man sei sportlich aktuell in einer "sehr schwierigen Situation". Da ist das Mindeste, dass im Verein eine wenigstens halbwegs einvernehmliche Ruhe herrscht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: