Zweite Bundesliga:Kurz vor Weihnachten

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Mutig, aber nicht im Kader: der gelbgesperrte Abdoulaye Ba. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Der Münchner Zweitligist muss im Abstiegskampf bestehen, die Vereinsbasis fürchtet indes die enormen Versprechungen, die dem Investor gemacht wurden.

Von  C. Leischwitz und P. Schneider

Vitor Pereira reckte den Zeigefinger Richtung Himmel, lächelte und sagte: "Christmas", so, als ob er bald auf ein Geschenk hoffen dürfe. In der Tat wirkte das Trainingsgelände des TSV 1860 München ein wenig wie in der besinnlichen Winterpause: Der Trainingsplatz lag unter Schnee und Pfützen, weshalb von den Spielern auch nichts zu sehen war - man sei dann statt zum Training in den Fitnessraum gegangen, erklärte der Trainer.

Es gibt bessere Bedingungen, um sich auf wichtige Spiele im Abstiegskampf vorzubereiten. Doch Pereira macht gute Miene zum, ja, zum schönen Spiel. Er könne seiner Mannschaft überhaupt nichts vorwerfen, auch nicht nach dem 0:1 in Kaiserslautern. "Wenn ich ehrlich bin: Es war eine der schwersten Niederlagen, die ich verkraften musste", so der Trainer. Weil man den Gegner "im Griff gehabt" habe. Die Mannschaft habe Mut gezeigt, und diesen Mut solle sie auch im Heimspiel am Sonntag gegen Braunschweig (13.30 Uhr) zeigen. Gegen einen Gegner, der seinerseits die Punkte dringend braucht, um weiter auf einem Aufstiegsplatz zu stehen. Mehr als 40 000 Zuschauer werden erwartet. Es ist "eines von vier Finalspielen", wie man bei Sechzig selbst sagt.

Die Pläne des 48-Jährigen Trainers, sie sind in den vergangenen Wochen meist nicht aufgegangen. Doch er hält trotzdem an ihnen fest, auch wenn es in der Abwehr Verletzungssorgen gibt. Abdoulaye Ba ist gelbgesperrt, der Einsatz von Felix Uduokhai war am Freitag wegen muskulärer Probleme noch fraglich. "Da müssen wir noch ein bisschen abwarten", sagte Pereira. Aber das sei für ihn kein Grund, sein Konzept zu überdenken. "Ich werde jetzt nicht über Nacht das System und Offensivprozesse ändern", stellte er klar, zumal gute Spieler da seien, die für die Fehlenden einspringen könnten. Worüber Pereira sehr viel mehr Gedanken verschwendet, das sind die Gegner. Gleich nach der Pressekonferenz verabschiedete er sich und flog nach Bochum, um dort den übernächsten Gegner, Dynamo Dresden, zu beobachten.

Unabhängig von der künftigen Liga-Zugehörigkeit sorgt sich die Vereinsbasis zunehmend um den politischen Kurs, den das Präsidium um Peter Cassalette kurz vor Jahresende eingeschlagen hatte. Auf einer Versammlung der e.V.-Fußballabteilung am Donnerstag nahm der Vorsitzende Roman Beer Bezug zu den Zugeständnissen, die Vereinsvertreter kurz vor Silvester dem Klub-Investor Hasan Ismaik gemacht hatten. Im Zuge der stets vor Jahresende nötigen Umwandlung von Darlehen Ismaiks in Genusscheine (die von der DFL nicht als Schulden gewertet werden und so nicht länger die Eigenkapitalquote verschlechtern) hatten sich Vereinsvertreter schriftlich dazu verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass Ismaik mehr Anteile an der KGaA erhalten wird. 60 Prozent der Anteile gehören ihm bereits. Geschehen soll dies im Zuge einer Kapitalerhöhung: Es werden weitere Anteile ausgegeben, die Ismaik erhalten soll, sodass sich der prozentuale Anteil des e.V. an der Fußballfirma noch weiter verringert.

Er sei nicht grundsätzlich gegen eine Änderung der Kapitalstruktur, sagte Beer, der viel Applaus von den Mitgliedern erhielt. "Es ist verständlich, dass Ismaik mehr Anteile haben möchte. Allerdings ist hier eine Gegenleistung erforderlich. Und diese kann nicht darin bestehen, dass im Sommer drei Brasilianer gekauft werden, die alle auf der Ersatzbank sitzen." Das war zwar eine zarte Polemik. In Amilton wird ja zumindest einer der Brasilianer im existenziellen Spiel gegen Braunschweig helfen. Aber Beers Argument bleibt bestehen: Warum sollte der e.V. Anteile abgeben, um Schulden abzulösen, die 1860 nur deshalb belasten, weil Ismaik seine von Beratern empfohlenen Wunschtransfers verwirklichen konnte? Der für 2,5 Millionen Euro Ablöse verpflichtete Ribamar etwa wird wohl auch gegen Braunschweig nicht spielen.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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