Zehn Zylinder in der Formel 1:"Diese Jungs sind egozentrische Bastarde"

Mercedes-Aufseher Niki Lauda spricht ein interessantes Urteil über seine beiden Fahrer Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Der stolze Spanier Fernando Alonso wird indes einfach überrundet. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer

Nico Rosberg

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(Foto: Getty Images)

Der Zweite ist in der Formel 1 schon der erste Verlierer. Und Nico Rosberg ist mal wieder Zweiter geworden im Rennen, in der Qualifikation zum Großen Preis von China war er das auch schon. Das Problem des Wiesbadeners ist der Erste, denn der heißt meist Lewis Hamilton. Rosberg konfrontierte seinen Teamkollegen mit dem Vorwurf, dieser sei unnötig langsam gefahren, habe ihn damit eingebremst, alle Chancen genommen und sogar den zweiten Platz in Gefahr gebracht. "Lewis ist relativ langsam gefahren, und er hat damit meinem Rennen unnötig geschadet." Angreifen habe er nicht können, denn im Windschatten ruiniere man sich die Reifen. Die öffentlichen (An-)Klagen sind neu, Rosberg ist eher der ruhige Konzern-Chauffeur. Das sagt etwas über den Grad seiner Verzweiflung.

Lewis Hamilton

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(Foto: Greg Baker/AFP)

Als WM-Spitzenreiter und zweifacher Sieger in drei Rennen ist der Brite bester Dinge, und den Spaß an seinem Status will er sich vom Mercedes-Teamkollegen Rosberg auch nicht nehmen lassen. Auf dessen Beschwerden reagierte Hamilton jedenfalls völlig unbeeindruckt: "Es ist nicht meine Aufgabe, mich um das Rennen von Nico zu kümmern. Meine Aufgabe besteht darin, meinen Wagen zu beherrschen und ihn so schnell wie möglich ins Ziel zu bekommen. Das habe ich getan, und nichts absichtlich gemacht, außer sich auf mich selbst zu konzentrieren." In der Tat hat der Brite das Rennen, das über den Reifenverschleiß und den Benzinverbrauch entschieden wurde, strategisch kontrolliert. "Interessant zu hören, dass Du nur an Dich denkst", jammerte Rosberg.

Niki Lauda

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(Foto: Getty Images)

Der Beckenbauer des Motorsports, im Hauptberuf RTL-Grantler und Mercedes-Teamaufseher, hat noch am Samstag Fernando Alonso als zu egozentrisch bezeichnet, um einen Rennstall nach vorn zu bringen. Am Sonntag von Shanghai hatte er die Egoismus-Debatte im eigenen Haus. Plötzlich ist das mit den Egos, die sich im Cockpit breit machen, völlig okay: "Diese Jungs sind egozentrische Bastarde. Das ist aber auch der einzige Weg, die Meisterschaft zu gewinnen..." Der eine sei wie der andere: "Es gibt keine Freundschaft da draußen. Wenn man fährt, dann muss man kämpfen. Wenn man sauer ist, sagt man Dinge, aber sie werden sich beruhigen." Oder auch nicht.

Roberto Merhi

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(Foto: dpa)

Vermutlich wissen mehr Menschen, dass der Spanier in der Deutschen Tourenwagen-Masters antritt, als dass er auch Formel-1-Pilot ist. Denn die wenigsten Durchschnittszuschauer können mit dem Namen des Manor-Teams etwas anfangen, für das Merhi an den Start geht. Manor ist die fahrende Konkursmasse des Marussia-Rennstalls, und weil man mit allem hinterher ist (und deshalb ziemlich hinterherfährt), hat Merhi eine Chance bekommen. Beim Großen Preis von China gab es die ersten Punkte für ihn, obwohl er als Letzter und auf Platz 16 ins Ziel kam: Merhi fuhr während der letzten Runden hinter dem Safety Car unter der vorgeschriebenen Minimalzeit - zwei Strafpunkte.

Dietrich Mateschitz

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(Foto: imago sportfotodienst)

Verlieren ist keine Option im Geschäftsleben des Red-Bull-Gründers, denn über 200 Millionen Euro pro Jahr in Niederlagen zu investieren, dass ist keine wirklich gute Geschäftsidee. Der 70-Jährige ist angesichts des Abstiegs seines Championteams, der dem Motorenhersteller Renault angelastet werden soll, offenbar persönlich beleidigt. "Wenn wir keine wettbewerbsfähige Antriebseinheit haben, haben wir auch mit dem besten Auto und den besten Fahrern keine Chance, um den Sieg mitzufahren." Dann sei der Ausstieg unausweichlich: "In der F1 werden wir nur bleiben, wenn wir ein wettbewerbsfähiges Team haben." Vorerst ist das eine Drohung. Denn als schlechter Verlierer zu gehen, das ist ja auch keine gute Marketing-Maßnahme.

Max Verstappen

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(Foto: AP)

Vor zwei Wochen war der 17-Jährige noch der jüngste Punktegewinner der Formel-1-Geschichte, in Shanghai war er vier Runden vor Schluss ebenfalls wieder unter den Top Ten, nachdem er sich mit waghalsigen Überholmanövern von Rang 15 aus nach vorn gedrängelt hatte. Dann versagte die Antriebseinheit in seinem Toro Rosso. Dazu gibt es Ärger, welches Land den Ruhm für den Formel-1-Junior auf seine Fahnen schreiben darf: Er fährt zwar mit niederländischer Lizenz, aber seine Mutter Sophie besteht darauf, dass der Sohnemann einen belgischen Ausweis besitze. Erst mit 18, also im September, könne er die Staatsbürgerschaft wechseln. Sie selbst ist inzwischen vom ehemaligen Benetton-Piloten Jos Verstappen, dem Vater von Max, geschieden.

Fernando Alonso

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(Foto: dpa)

Überrundet werden, das ist ein Schicksal, das eines zweifachen Formel-1-Weltmeisters unwürdig ist. Eines stolzen Mannes wie Alonso ohnehin nicht. Aber es ist geschehen, weil die Honda-Hybrideinheit im Heck seines McLaren mindestens ein Jahr Entwicklungsrückstand auf die Motoren der Konkurrenz hat. Der chancenlose zwölfte Platz in Shanghai, mehr war nicht drin. Die ketzerische Frage, warum er jetzt zufrieden sei, am Ende des Feldes zu stehen, wenn es ihm bei Ferrari nicht reichte, bloß unter den ersten Zehn zu sein, führten zu einer Explosion bei dem 33-Jährigen. "Jetzt lachen sie noch, aber bald werden sich die Kritiker wundern. Ich habe eine neue Motivation gebraucht, und nun lebe ich diese neue Motivation ."

Carmen Jordan

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(Foto: Getty Images)

Entwicklungsfahrerin für den Lotus-Rennstall ist sie offiziell, aber es gibt kaum jemand im Fahrerlager der Formel 1, der die Spanierin nicht für einen Marketinggag hält. Denn in den Nachwuchsserien fuhr armen Jordan mehrheitlich weit hinterher. Dem Selbstbewusstsein tut das keinen Abbruch: "Mein Ziel für dieses Jahr ist, in einigen Monaten den E23 zu fahren." Darauf bereite sie sich im Simulator vor. Mindestens zwanzig Probetage fordert das Team, bevor an einen Einsatz als Probepilotin zu denken ist. Aber Illusionen macht sie sich keine: "Ich muss noch viel lernen, in der Formel 1 ist einfach alles etwas größer."

Renault

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(Foto: Getty Images)

Vier Weltmeistertitel mit Red Bull Racing, das ist in Vergessenheit geraten, seit der Name Renault nur noch in Zusammenhang mit fehlender PS-Leistung in Zusammenhang gebracht wird. Der Große Preis von China machte alles nur noch schlimmer, den sowohl die Aggregate von Daniil Kwjat als auch das von Max Verstappen aus dem hauseigenen Talentschuppen Toro Rosso zerstörten sich. Zwei Motorschäden in einem Rennen, das ist ein Drama. Dazu hat man jetzt nach dem dritten Rennen drei Fahrer, die bereits mit der dritten von nur vier für das ganze Jahr zur Verfügung stehenden Antriebseinheiten in das nächste Rennen gehen müssen. Und das alles nach der Ankündigung der Franzosen, dass sie jetzt endlich ihre Aufholjagd gestartet hätten. Bleibt nur eins: Zurück auf den Prüfstand.

Jules Bianchi

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(Foto: REUTERS)

Inzwischen ist der schreckliche Unfall von Suzuka, als der Franzose in einen Bergungskran raste, ein halbes Jahr her. Aber Jules Bianchi liegt weiterhin in einem Krankenhaus in Nizza im Koma. Vater Philippe trat jetzt mit der schonungslosen Wahrheit an die Öffentlichkeit: Es gebe nur kleine Anzeichen der Hoffnung für seinen 25 Jahre alten Sohn. Doch der ehemalige Marussia-Pilot sei ein Kämpfer: "Jeden Tag absolviert Jules einen Marathon." Immerhin atme er selbstständig, aber: "Das Leiden findet kein Ende. Es ist eine tägliche Qual." In der Formel 1 wird, ähnlich wie an Michael Schumacher, weiterhin Anteil am Schicksal genommen - Fahrer und Fans erinnern immer wieder an die Kollegen.

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