Zehn Zylinder der Formel 1:Vettels giftige Gratulanten

Lewis Hamilton provoziert den Einsatz von Kehrbesen, Michael Schumacher liegt plötzlich in Führung, Jenson Button schimpft auf die Deutschen und Doppelweltmeister Sebastian Vettel feiert, bis ihm der Finger weh tut. Die zehn Zylinder der Formel 1 vom Großen Preis von Japan.

Michael König

Zehn Zylinder der Formel 1

Sebastian Vettel

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(Foto: Getty Images)

Lewis Hamilton provoziert den Einsatz von Kehrbesen, Michael Schumacher liegt plötzlich in Führung, Jenson Button schimpft auf die Deutschen und Doppelweltmeister Sebastian Vettel feiert, bis ihm der Finger wehtut. Die zehn Zylinder der Formel 1 vom Großen Preis von Japan. Von Michael König Verursachte zunächst beinahe einen Unfall, als er nach dem Start immer weiter nach rechts zog - dorthin, wo Jenson Button fuhr. Drängte den Briten auf den Grünstreifen, bekam aber keine Strafe und wurde später auch nicht danach gefragt. Es gab schließlich spannendere Themen. Zum Beispiel, wie er es geschafft hatte, in kurzer Zeit drei Sätze weicher Reifen zu verschleißen, um dann eine gefühlte Ewigkeit mit einem Satz harter Pneus auszukommen. Oder wie es sich anfühlt, im Alter von 24 Jahren zum zweiten Mal Weltmeister zu sein, jüngster Doppelweltmeister aller Zeiten. "Ich bin ein bisschen sprachlos", stammelte Vettel, nachdem ihm Platz drei zum WM-Sieg gereicht hatte. "Der zweite Titel ist genauso verwirrend wie der erste." Anschließend sprang er umher, jubelte und zeigte den Vettel-Finger. Was Weltmeister halt so machen.

Zehn Zylinder der Formel 1

Jenson Button

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(Foto: dpa)

War zunächst stinksauer auf Vettel, weil ihn der Deutsche beinahe von der Strecke geschossen hatte. War dann wütend, weil Vettel die von ihm prophezeite Strafe nicht bekam. Revanchierte sich für die Ungerechtigkeit mit einer klugen Reifenstrategie, die ihm nach 21 Runden den ersten Platz einbrachte. Behielt diese Position, ist in der Gesamtwertung aber dennoch abgeschlagen. Raunte dem alten und neuen Weltmeister deshalb scherzhaft zu: "Verdammte Deutsche!" Bespritzte ihn außerdem ausgiebig mit Champagner. Was Rennfahrer halt so machen, wenn sie frustriert sind.

Zehn Zylinder der Formel 1

Kamui Kobayashi

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(Foto: AFP)

War andauernd im Fernsehen, weil die Regie - anders als bei anderen Rennen - nicht in den Händen von Formel-1-Boss Ernie Ecclestone lag, sondern bei einem japanischen TV-Sender. Entsprechend war jedes spektakuläre Manöver von Kobayashi in Zeitlupe zu sehen - aber auch, wie der Japaner beim Start beinahe stehen blieb. Sein 13. Platz war dennoch wertvoll für seine Fans und sein durch Fukushima gebeuteltes Land, das sich nach Kräften mühte, Optimismus zu verbreiten.

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Lewis Hamilton

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(Foto: dpa)

Bleibt der Rüpel unter den Formel-1-Rennfahrern. Fügte dem Dauerstreit mit dem Ferrari-Piloten Felipe Massa eine weitere Anekdote hinzu, als er Mitte des Rennens bei einem Überholmanöver unnötig ausscherte - weshalb Massa ein Stück seines Frontflügels einbüßte. Das lag so lange in der Kurve, bis das Safety Car die Autos bremste und Japaner mit Kehrbesen die Strecke fegten. Kehrbesen! Ganz ohne Karbon oder Energie-Rückgewinnungssystem. Fast mochte man Lewis Hamilton dafür danken, das Rennen um einen Anachronismus bereichert zu haben. Der Brite fuhr als Fünfter ins Ziel.

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Felipe Massa

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(Foto: AP)

Dürfte unter dem Helm heftig geflucht haben, als ihm Hamilton - nicht zum ersten Mal in dieser Saison - das Auto beschädigte. Dürfte auch not amused gewesen sein, als ihm sein Team daraufhin via Boxenfunk mitteilte, er möge doch bitte weiterfahren - so schlimm sei der Schaden jetzt auch wieder nicht. Fuhr letztlich als Siebter ins Ziel, hinter dem glücklosen Michael Schumacher, und wird vermutlich der Meinung sein, Hamiltons Rempler habe damit etwas zu tun.

Zehn Zylinder der Formel 1

Michael Schumacher

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(Foto: dpa)

Gab sich als Kämpfernatur zu erkennen, als er mit verschlissenen Reifen Angriffe von Mark Webber abwehrte. Fuhr dabei aber den Frontflügel des Red-Bull-Konkurrenten zu Bruch und provozierte - gemeinsam mit Hamilton - die Safety-Car-Phase, die er für den überfälligen Boxenstopp nutzte. War in Runde 40 plötzlich Spitzenreiter, was auch eine Art Anachronismus war. Hielt zunächst seinen Verfolger Button auf Distanz, fuhr dann jedoch abermals in die Box und sortierte sich auf Platz sechs wieder ein. Zeigte sich anschließend stolz über Vettels WM-Titel und verkündete: "Wir sind Freunde."

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Mark Webber

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(Foto: AP)

Hielt sich trotz des von Schumacher beschädigten Frontflügels auf Platz vier und dürfte überrascht gewesen sein, wie stabil sein Auto trotzdem noch war. Bekam die Ansage, den vor ihm fahrenden Vettel nicht anzugreifen, was ihn nicht überrascht haben dürfte. Fand nach dem Rennen inmitten des Trubels um seinen erfolgreichen Teamkollegen einen Grund zur Kritik, als er anmerkte: Die Rennen seien dank Vettels Dominanz klasse, aber die Meisterschaft drohe langweilig zu werden. Im Motorsport-Lexikon ist unter dem Begriff "schlechter Verlierer" bald ein Bild von Mark Webber zu sehen.

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Nico Rosberg

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(Foto: AFP)

Überholte so eifrig und sehenswert, dass ihn die japanischen Fernsehkollegen immer dann einblendeten, wenn ihr Landsmann Kobayashi gerade unspektakulär fuhr. Begegnete sogar Sebastian Vettel auf der Rennstrecke, als der sich nach seinem Boxenstopp auf Platz zehn einordnete. War von dem Weltmeister ansonsten ein gutes Stück entfernt und kam als Zehnter ins Ziel. Gratulierte Vettel, als ob die Titelverteidigung das Normalste der Welt gewesen wäre: "Es war nur eine Frage der Zeit."

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Fernando Alonso

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(Foto: dpa)

An ihm sollte sich Vettel kein Beispiel nehmen. War auch schon mal der jüngste Doppelweltmeister aller Zeiten (2005/2006). Galt damals als Fahrer, der eine Ära prägen kann. Liegt in der aktuellen Gesamtwertung aber 122 Punkte hinter Vettel zurück. Muss sich mit Gerüchten herumschlagen, der neue Weltmeister wolle sein Ferrari-Cockpit übernehmen. Stand vielleicht deshalb nicht vom Sofa auf, als er nach dem Rennen Vettel im Ruheraum begegnete. Hatte aber davor schon artig gratuliert.

Zehn Zylinder der Formel 1

Sergio Perez

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(Foto: dpa)

Ist Pilot bei Sauber, steht aber unter Beobachtung von Ferrari. Hat noch kein Drohpotential für Alonso, brachte es in Suzuka aber immerhin fertig, von Startplatz 17 auf Platz acht vorzufahren. Schaffte vier Runden vor Schluss einen Achtungserfolg, als er die schnellste Runde im Rennen fuhr. Dürfte sich geärgert haben, dass Jenson Button zum Schluss noch ein wenig schneller war. Darf dennoch auf einen guten Sonntag zurückblicken.

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