Wales mit Remis gegen USA:Der walisische Actionheld rettet den Abend

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Nichts ist unmöglich: Gareth Bale hat soeben den Ausgleich gegen die USA erzielt. (Foto: Hannah McKay/Reuters)

Die US-Amerikaner kontrollieren Wales über weite Passagen, verschenken aber zwei Punkte: weil Gareth Bale zum richtigen Zeitpunkt seine Klasse zeigt.

Von Sven Haist, al-Rayyan

Das Auftaktspiel der walisischen Nationalmannschaft schien wie geschaffen zu sein für Gareth Bale. Im Sommer wechselte der Angreifer, 33, nach neun Anstellungsjahren beim Europapokalrekordsieger Real Madrid, mit dem er fünf Siege in der Champions League und drei spanische Meisterschaften gefeiert hatte, auf seine alten Tage nach Los Angeles in die USA, um sich dort für seine erstmalige Teilnahme mit Wales an einer Weltmeisterschaft in Form zu bringen. Just jenem Land, auf das Bale nun mit seinen Landsleuten zum Auftakt traf.

Das Rampenlicht musste sich der Offensivspezialist allerdings mit einem US-Amerikaner namens Timothy Weah am Montagabend teilen - so wie sich auch Wales und die USA beim 1:1 die Punkte teilen mussten. Beide Länder bestreiten durch das Remis jetzt erst recht ein Fernduell hinter den favorisierten Engländern um den zweiten Platz in der Gruppe B, der zum Einzug ins Achtelfinale berechtigt.

Timothy Weah, der Torschütze des 1:0, ist 22, geboren in Brooklyn, New York - und der Sohn des berühmten George Weah, seit 2018 der 25. Präsident von Liberia und einer der besten Fußballer, die Afrika je hervorgebracht hat. Seinen sportlichen Erfolgen mit Paris Saint-Germain und dem AC Mailand, die ihn sogar zum Weltfußballer des Jahres 1995 gemacht hatten, stand sein humanitäres Engagement nie um etwas nach. Allerdings blieb Weah Senior ein Mitwirken an einer WM als liberianischer Nationalspieler stets verwehrt. Der westafrikanische Staat qualifizierte sich bis heute noch nie für ein solches Turnier.

Timothy Weah bleibt cool und schießt das erste WM-Tor der USA in Katar. (Foto: David Klein/Sportimage/Imago)

In die großen Fußstapfen des Vaters trat nun Filius Timothy, der zumindest ein kleines Stück Fußballgeschichte schrieb, als ihm in der 36. Spielminute der Führungstreffer für die USA gelang. Nach feinem Steckpass seines Mitspielers Christian Pulisic bewahrte Weah vor Wales-Torwart Wayne Hennessey die Nerven und schob den Ball überlegt an ihm vorbei. Während sich Torschütze Weah beim Torjubel an der Eckfahne vor Euphorie verständlicherweise kaum mehr beruhigte, richtete sich Bale am Mittelkreis pikiert seine markante Zopffrisur. Für diese Partie hatte er sich extra fein herausgeputzt, sie sollte ja sein Galaabend in der Glitzerstadt Doha werden.

Wie all seine Teamkollegen musste er bis jetzt warten, um mit Wales bei einer WM zu reüssieren. Die walisische Nation hatte sich sogar noch wesentlich länger zu gedulden: 64 Jahre. Damals, 1958, erreichte das Land von der britischen Insel mit drei Millionen Einwohnern das Viertelfinale - und scheiterte knapp an Brasilien. Dem 17-jährigen Pelé gelang seinerzeit der Siegtreffer. Zwar reicht die Reputation von Bale nicht ganz an die Ausnahmestellung Pelés im Weltfußball heran, aber zumindest in Wales selbst wird er auf ähnlichem Niveau verehrt.

Gareth Bale, lange Zeit fast unsichtbar, sammelt mit einer Aktion zwei Scorerpunkte.

In seiner Heimat werden ihm übernatürliche Kräfte bescheinigt - spätestens, seitdem er das WM-Ticket für sein Land mit entscheidenden Aktionen in den Playoff-Duellen mit Österreich und der Ukraine fast im Alleingang klarmachte. Mit seiner athletischen und explosiven Spielweise erinnert Bale tatsächlich oft mehr an ein Actionheld als an einen Fußballer.

Doch von seinen vielen spektakulären Taten und Toren war gegen die USA fast nichts zu sehen. Nach einer trostlosen ersten Halbzeit, in der das Mittelfeld der USA um die Jungprofis Weston McKennie, 24, Tyler Adams, 23, und Yunus Musah, 19, beeindruckend leichtfüßig aufspielte, kam der in der Luft hängende Bale erst mit zunehmender Spieldauer dem gegnerischen Tor näher. Zunächst war er als Speerspitze seiner Mannschaft weitgehend vom Spiel abgekoppelt - bis er in der Schlussphase mit seiner ersten erwähnenswerten Situation geschickt einen Elfmeter herausholte und diesen in der 82. Spielminute selbst verwandelte. Als Gegenleistung feierte ihn der walisische Anhang minutenlang mit Standing Ovations - wodurch Gareth Bale zumindest noch an der Seite von Timothy Weah ins Zentrum des Spiels rückte.

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