WM 2010: Falsche Prognosen:Aus dem Labor der Vereine

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Die besten Prognosen stammen von einem Tintenfisch, etliche Experten lagen falsch. Finale Spanien - Holland, hätte man darauf nicht kommen können? Doch, denn die WM ist längst der Ableger eines anderen Wettbewerbs.

Klaus Hoeltzenbein

All jenen zum Trost, die inzwischen ein Vermögen verwettet haben, und jenen, die in ihrer Firmen-Hierarchie auf einen hinteren Platz zurückgefallen sind, weil sie beim WM-Tippspiel viel riskiert und ein Finale Honduras gegen Nordkorea vorhergesagt hatten: Es gab abenteuerlichere Prognosen. Beispielsweise diese: "Weltmeister wird England!" Kategorisch hinausposaunt, argumentativ kaum unterfüttert.

WM-Finalteilnehmer Arjen Robben vom FC Bayern: Die Niederländer haben drei Champions-League-Finalisten im Tableau. (Foto: dpa)

England!? Behauptet hat dies kein Geringerer als Felix Magath, also jener Mann, der 2009 erklärt hat, dass er binnen vier Jahren, also bis 2013, mit Schalke 04 deutscher Meister sein will. Diese Prognose liegt in ihrem Wahrscheinlichkeitswert ungefähr auf England-Höhe, was nichts daran ändert, dass dieser Magath unbestritten als Experte gelten muss. Sie zeigt aber auch, dass es aussichtsreicher ist, Wellensittiche oder Tintenfische, Ex-Gurus und Schamanen mit der präzisen Vorhersage einer WM zu betrauen. Wobei: Finale Spanien - Niederlande!!!, hätte man darauf nicht kommen können???

Übermütige Versuche

Sehr wohl, und zwar dann, wenn man sich nicht auf jenen Irrweg locken ließ, den diese WM heimtückisch ausgelegt hatte. Sie sei eine Copa America mit Gästen, also eine Latino-Meisterschaft mit Besuch, hieß es vorschnell vor dem Viertel- finale mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Dann aber wurde ordentlich gesiebt, Europa begehrte auf gegen alle übermütigen Erklärungsversuche (Eurokrise, Bankenkrise, Vertrauenskrise = Fußballkrise) und schickte das freche Amerika wieder dorthin, wo es hergekommen war. Versehen mit einer statistischen Fußnote: Bei der 19. WM wird in Südafrika erstmals außerhalb Europas eine europäische Auswahl zum Weltmeister gekürt.

Somit ist ein Trend bestätigt: Die WM ist eine Fortsetzung, ein globalisierter Ableger der europäischen Champions League. Sie ist längst nicht mehr die Mustermesse des Fußballs, Innovationen kommen, wenn überhaupt, aus der täglichen Arbeit im Verein. Bei einer WM ist am Ende vorne, wer möglichst viel aus diesen Werkstätten ins Turnier transportieren kann. Italien zum Beispiel ist auch deshalb früh gescheitert, weil nicht ein einziger Italiener für Inter Mailand, den Champions-League-Sieger 2010, im Finale stand.

Die ohnehin gut ausgebildeten Niederländer haben in Sneijder (Inter) sowie Robben und van Bommel (beide FC Bayern) immerhin drei Finalisten im Tableau. Spanien vertraut dem Labor des FCBarcelona, in dem die endlosen, für den Gegner so nervtötenden Ballstafetten entwickelt werden. Sechs Barça-Profis sind im Endspiel in Spaniens erster Elf zu erwarten. Und dennoch: Könnten die Profis gegen sich selber spielen, hätte Spanien gegen den FCBarcelona keine Chance. Denn auf Barça-Seite käme noch ein Angestellter hinzu: der phänomenale Lionel Messi. Falsch war auch die WM-Prognose, dieser Messi sei in der Kürze der Zeit in Argentinien zu integrieren.

© SZ vom 10.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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