Wintersport:Von Katzen, Boxern und Kugeln

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Höchste Zeit für einen Drink: Mikaela Shiffrin zelebriert nach dem Slalom von Saalbach-Hinterglemm ihren 97. Erfolg im Weltcup - und den letzten des aktuellen Winters. (Foto: Joe Klamar/AFP)

Der beste Skirennfahrer des Winters zeigt sich von seiner verwundbaren Seite, eine Skifliegerin beeindruckt mit blutiger Nase: Geschichten von den letzten Wettkämpfen der Wintersportler.

Ein Gedanke, der einen immer wieder beschleicht, wenn man dem Skirennfahrer Marco Odermatt zuschaut: als würde eine Katze in die Luft geworfen, und irgendwie windet sie sich so, dass sie doch perfekt landet. Odermatt mag die Skier querstellen, sich auch mal komplett verfahren, im Ziel ist er meist der Schnellste. Wer so rasant ist, macht eben Fehler - mit dieser Formel gewann der 26 Jahre alte Schweizer in diesem Winter vor dem Saisonfinale in Saalbach-Hinterglemm neun Riesenslaloms, je zwei Super-G und Abfahrten, die große Kristallkugel für den Sieg im Gesamtweltcup und eine kleine für den Erfolg in der Riesenslalomwertung waren längst eingeheimst. Bei den Speed-Rennen am kommenden Wochenende in Saalbach könnten gar die Kugeln für die Abfahrts- und Super-G-Wertung dazukommen. Nur: Die perfekte Saison im Riesenslalom mit Sieg Nummer zehn vergab Odermatt jetzt in Saalbach. Da warf es die Katze tatsächlich aus der Spur.

(Fast) immer in perfekter Schräglage: Marco Odermatt beim Saisonfinale. (Foto: Joe Klamar/AFP)

Aber dann gewann in Loic Meillard eben ein Teamkollege. In Lara Gut-Behrami stellen die Schweizer zudem die Beste im Gesamtweltcup und im Riesenslalom, auch wenn die Italienerin Federica Brignone am Sonntag als Tagesbeste im Riesenslalom klar besser war als die 32-jährige Schweizerin auf Rang zehn. Für den Deutschen Skiverband sorgten, wie im gesamten Winter, Linus Straßer und Lena Dürr für ausgewählte Freudenmomente: Straßer wurde am Sonntag Dritter im Slalom hinter dem Norweger Timon Haugan und Slalom-Gesamtsieger Manuel Feller aus Österreich, Dürr sicherte sich, wie Straßer, im Saisonranking Rang zwei hinter der Amerikanerin Mikaela Shiffrin, die am Samstag ihren 97. Weltcup gewann - der letzte Slalom des Winters entglitt Dürr aber völlig als Fünfzehnte. Und Alexander Schmid konstatierte nach Platz 15 im Riesenslalom von Saalbach eine "sehr, sehr konstante" Saison, Ausreißer nach oben waren aber (noch) nicht wieder drin. Schon gar nicht gegen solche Katzen.

Weltrekord mit blutiger Nase

Manchmal reichen im Wintersport nicht nur tierische Fertigkeiten, dann müssen Nehmerqualitäten her, wie bei einer der besten Skispringerinnen des Wochenendes. Silje Opseth stimmte sich, nach diversen Absagen, beim Probedurchgang in Vikersund endlich auf das Skifliegen ein, das erste überhaupt im Weltcup der Frauen - und dann flog die Norwegerin nach einem Satz auf 236,5 Meter kopfüber in den Schnee. "Sie sah aus wie eine Boxerin nach einem Kampf", sagte Katharina Schmid (die am Sonntag 195 Meter schaffte und Vierte wurde). Opseth hielt das jedenfalls nicht davon ab, eine Stunde nach ihrem Sturz bei 230,5 Metern zu landen, Weltrekordmarke bei den Skispringerinnen. Es gewann Teamkollegin Eirin Maria Kvandal mit 202 und 212 Metern; der Slowenin Nika Prevc reichte ein elfter Platz, um sich die große Kristallkugel zu sichern.

Noch etwas besser - und weniger martialisch - untermalte der Österreicher Stefan Kraft seinen vorzeitigen Sieg in der Gesamtwertung, seinen dritten bereits. Das Springen am Sonntagvormittag gewann er mit einem Satz auf 244,5 Meter, am Nachmittag wurde er noch mal Zweiter hinter seinem Landsmann Daniel Huber..

Johannes allein in der Spur: Der Norweger gewann in den vergangenen sechs Jahren fünfmal den Gesamtweltcup. (Foto: Jeff McIntosh/AP)

Kämpfen gegen einen "guten Kerl"

Es ist schwer, den Biathleten Johannes Thingnes Bö mit Tier-, Kampf- oder sonstigen Vergleichen zu erfassen: Der 30-Jährige ist längst sein eigenes Maß mit nun 75 Weltcupsiegen im Einzel und seinem fünften Erfolg im Gesamtweltcup. Letzteren sicherte sich der Norweger am Samstag in Canmore in der Verfolgung, vor den finalen Massenstarts der Saison am Sonntagabend. Wobei: Ein bisschen mentale Boxarbeit hatte der 30-Jährige diesmal schon zu leisten. "Dieser Winter war ein Kampf, es war nicht einfach", sagte Johannes Thignes Bö. Das war wohl auch dem Umstand geschuldet, dass der Primus sich eines Widersachers erwehren musste, der ein "guter Kerl" ist, der Bö zugleich so gut kennt wie kein anderer: sein Bruder Tarjei, 35. Das deutsche Team feierte am Sonntag zum Abschluss in Canmore immerhin noch einen Podestplatz: Rang zwei für Janina Hettich-Walz (Schönwald) im Massenstart.

Heißzeit in der Halle

Manch ein Wintersportler, der sein Saisonfinale gerade auf aufgeweichten Pisten in grüner Landschaft bestreitet, schaut vielleicht etwas neidisch in die tiefgekühlten Eishockeyhallen. Dort geht gerade die Saison der Deutschen Eishockey-Liga in die, nun ja, heiße Phase. Der EHC Red Bull München, Meister des Vorjahres, scheint rechtzeitig zum Auftakt der Playoffs dann auch heißzulaufen, am Samstag gewann er bei den Grizzlys Wolfsburg das erste von sieben möglichen Spielen der Viertelfinalserie 6:3. Der Hauptrundendritte Straubing bezwang die Schwenninger Wild Wings 5:2; am Sonntag schlug der Tabellenerste Bremerhaven den ERC Ingolstadt 6:4, ehe DEL-Rekordmeister Berlin auf Mannheim traf.

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