Werder Bremen:Gesucht und gefunden

Lesezeit: 3 min

Rückkehr mit vollem Körpereinsatz: Davie Selke (r., gegen Augsburgs Felix Uduokhai) hilft Werder schon, weil er ein zusätzlicher gesunder Spieler ist. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Dass Werder nach dem 1:2 beim FC Augsburg nicht verzweifelt, liegt auch an Davie Selke. Sportvorstand Baumann betont,er habe an Trainer Kohfeldt"keine Zweifel".

Von Jakob Schätzle, Augsburg

Viereinhalb Jahre lang war Davie Selke auf Wanderschaft gewesen, sein Weg hatte ihn nach Leipzig geführt, später nach Berlin, sein fußballerisches Glück hat er in diesen Jahren jedoch nicht gefunden. Nun trägt er wieder das Trikot jener Mannschaft, für die er 2013 in der Bundesliga debütiert hatte, das von Werder Bremen, und am Samstag dauerte es gerade einmal 23 Minuten, bis diese Rückkehr sich erstmals auszahlte. Mit einem Torschuss leitete Selke das Bremer Führungstor in Augsburg ein. Und obwohl es für das in Abstiegsnöten steckende Team nicht zum Sieg reichte, obwohl Augsburg am Ende 2:1 (0:1) gewann, waren sie bei Werder am Samstag nicht völlig verzweifelt, manche waren sogar verhalten zuversichtlich. Der Grund dafür war die Rückkehr von Davie Selke, 25.

Der Bremer Handlungsbedarf war zuletzt ja nicht mehr zu übersehen gewesen: In den fünf Bundesliga-Spielen vor dem Auftritt in Augsburg hatte das Team gerade einmal zwei Tore erzielt - streng genommen sogar nur eines, denn das Siegtor gegen Düsseldorf war ein Eigentor. Dass Bremen daher am Freitag den Angreifer Selke von der Hertha auslieh, war zwar eine Überraschung, aber auch ein sinnvolles Geschäft. Selke, geboren in Schorndorf, hatte schon von 2013 bis 2015 für Werder gespielt, ehe er sich RB Leipzig anschloss, damals noch ein ambitionierter Zweitligist. Knapp viereinhalb Jahre später soll der Rückkehrer dem ausgedünnten Bremer Kader wieder mehr Schlagkraft in der Offensive verleihen, er stand deshalb in Augsburg auch sofort in der Startelf. "Werder ist ein besonderer Verein für mich", sagte Selke, "ich freue mich, dass ich hier sein und in dieser Situation helfen darf."

Schon früh war zu erkennen, dass Selke der Mannschaft helfen könnte. Er bot sich kurz an, sicherte vorne Bälle, verteilte sie weiter. Er war der auffälligste Bremer in der Anfangsphase des Spiels; von seinen Mitspielern wurde Selke gesucht und gelegentlich auch gefunden. Zum Beispiel in der 23. Minute, als Nuri Sahin einen weiten Flugball über die Augsburger Defensive schlug. Selke nahm den Ball mit der Brust an, seinen Schuss konnte FCA-Torwart Andreas Luthe noch abwehren - doch dann schossen sich die Augsburger Verteidiger gegenseitig ab, und der Ball rollte von Tin Jedvajs Schienbein ins Tor.

Dass er dieses Tor erzwungen hatte, half Selke bei der Eingewöhnung, denn sonderlich empfohlen hatte er sich zuletzt nicht. Für die Hertha stand der Angreifer in der Hinrunde in allen Spielen auf dem Feld, erzielte aber nur ein Tor. Nachdem Selke im Winter aus nächster Nähe den Berliner Kaufrausch beobachtet hatte, darunter die Verpflichtung der Angreifer Matheus Cunha (aus Leipzig) und Krzysztof Piatek (vom AC Mailand), konnte er sich ausrechnen, dass seine Einsatzzeiten abnehmen würden. Die Rückkehr nach Bremen hilft also dem Stürmer und dem Verein - bei Werder sind sie ja schon froh, durch ihn einen zusätzlichen gesunden Spieler in ihrem von Verletzungen geplagten Kader zu haben. "Er hat ein Element, das es im deutschen Fußball nicht mehr ganz so oft gibt. Er ist die klassische Neun, die geil darauf ist, Tore zu machen", lobte Bremens Sportvorstand Frank Baumann den Zugang.

In Augsburg spielte Selke gleich über die gesamte Spielzeit. In der zweiten Hälfte war er bei Weitem nicht mehr so auffällig wie noch in den ersten Halbzeit - doch das galt für die gesamte Bremer Mannschaft. Die Gäste unternahmen nicht mehr genug nach vorne und verwalteten nur noch ihre Führung. Sinnbildlich dafür bekam Innenverteidiger Ömer Toprak bereits in der 66. Minute eine gelbe Karte wegen Zeitspiels. Diese Passivität sollte sich rächen, denn in der zweiten Halbzeit drehten starke Augsburger durch Tore von Florian Niederlechner (67.) und Ruben Vargas (82.) die Partie und vergrößerten den Abstand zu den Bremern auf neun Punkte.

Die Bremer Lage wird durch die Niederlage immer bedrohlicher, von den vergangenen sieben Spielen hat das Team sechs verloren - doch Baumann weigert sich, Trainer Florian Kohfeldt in Frage zu stellen. "Wir haben keine Zweifel an Florian", sagte der Sportvorstand. Selke, der einst unter dem Co-Trainer Kohfeldt in Bremen gespielt hatte, sagte: "Florian ist ein überragender Trainer. Er hat uns damals schon immer top vorbereitet. Jetzt habe ich die erste Analyse als Cheftrainer gesehen, und ich war schon sehr beeindruckt, wie er uns auf den Gegner eingestellt hat."

Um bald wieder ruhigere Zeiten zu erleben, ist Kohfeldt - und auch Werder überhaupt - darauf angewiesen, dass Selke die erhoffte Verstärkung sein wird. Und sei es, indem er wie in Augsburg den Gegner zu Eigentoren zwingt. Werder hat nun zwei Heimspiele in Serie, im DFB-Pokal gegen Dortmund und in der Liga gegen Union Berlin. "Das sind zwei Spiele, auf die wir uns sehr freuen", sagte Selke. Bremen wiederum würde sich freuen, wenn Selke im heimischen Stadion durch Tore beweist, dass er nach seinen Wanderjahren wieder angekommen ist.

© SZ vom 03.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: