Volleyball-Frauen verlieren EM-Finale:Wenn plötzlich die Arme zittern

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Bis Mitte des vierten Satzes spielen die deutschen Volleyball-Frauen im EM-Finale in Belgrad gegen Gastgeber Serbien großartig und haben den Sieg vor Augen. Doch dann geht plötzlich nichts mehr. Sie müssen sich auch dem lärmenden Publikum geschlagen geben.

Die deutschen Volleyballerinnen haben sich für ihre hervorragende Leistung bei der EM in Serbien und Italien nicht mit Gold belohnt. Das Team von Bundestrainer Giovanni Guidetti unterlag im Finale in einem wahren Hexenkessel gegen Co-Gastgeber Serbien trotz einer 2:1-Satzführung noch mit 2:3 (25:15, 20:25, 25:19, 20:25, 9:15) und verpasste damit den ersten EM-Titel seit 24 Jahren.

Lange Zeit gelang den deutschen Volleyballerinnen fast jeder Angriff, hier vollendet Christiane Fürst. Doch am Ende siegten die Frauen aus Serbien. (Foto: REUTERS)

Zuletzt war dies 1987 der Auswahl der DDR gelungen, die auch 1983 erfolgreich war. Für die Serbinnen war es der erste EM-Titel überhaupt. Mitte September hatten auch die serbischen Männer EM-Gold gewonnen. Doch bereits mit dem Einzug ins Finale am Samstag hatten sich die deutschen Frauen für den World Cup in Japan (2. bis 19. November) qualifiziert, wo die ersten drei Tickets für London 2012 vergeben werden. Somit hat das DVV-Team eine weitere Möglichkeit, sich doch noch die Teilnahme an den Olympischen Spielen zu sichern.

"Was wir erreicht haben, ist sensationell", sagte Giovanni Guidetti nach einem dramatischen Endspiel. Seine Enttäuschung hielt sich in Grenzen: "Wir hätten noch einen Platz mehr machen können, für's Prestige, für die Mannschaft. Aber der zweite Platz in Europa, das hätten wir vorher nicht zu träumen gewagt. Ich bin super stolz auf meine Mannschaft."

Vor 9000 Zuschauern in der ausverkauften Pionir-Halle begleiteten die serbischen Fans jeden Aufschlag der Deutschen mit einem gellenden Pfeifkonzert. Die Mannschaft um Spielführerin Margareta Kozuch ließ sich davon aber nur kurz beirren und ging mit drei Punkten Vorsprung in die erste technische Auszeit. "Wir wissen, dass es heute ein ganz besonderes Spiel für uns wird, in jeder Hinsicht", hatte Trainer Guidetti vor der Partie gesagt.

In der Vorrunde hatte Deutschland das erste Aufeinandertreffen noch mit 3:1 für sich entschieden. Doch im Finale war die höhere Anspannung gerade im ersten Satz zu spüren, der Aufschlag kam nicht ganz so gut wie noch gegen Italien. Doch Außenangreiferin Kozuch machte gewohnt routiniert die "Big Points", gab ihrem Team die nötige Sicherheit zurück und verwandelte folgerichtig den ersten Satzball zum 25:16.

In Satz zwei gerieten die deutschen Frauen unter Druck und mussten früh einem Rückstand hinterherlaufen, den sie bis zum Schluss nicht mehr aufholen konnten. Unter den Augen des Tennis-Weltranglistenersten Novak Djokovic, der den Serbinnen bereits im Halbfinale beigestanden hatte, glich der Gastgeber zum 1:1 aus.

Doch davon ließ sich die DVV-Auswahl nicht beeindrucken und startete druckvoll in den dritten Satz. Doch fehlte im Vergleich zu den vorherigen Siegen ein wenig die individuelle Klasse. Es entwickelte sich ein denkbar knapper Satz, in dem sich keine der beiden Teams spürbar absetzen konnten. Dann bewies Deutschland Nervenstärke und holte sich den Durchgang zum 2:1.

Im vierten Satz sahen die Deutschen nach einer 8:2- und 10:4-Führung schon wie die Sieger aus, doch beim Stand von 18:15 erlitten sie einen unerklärlichen Schwächeanfall. Die Serbinnen machen Punkt und Punkt, die Halle peitschte die Gastgeberinnen nach vorne. Bei 18:18 wechselte die Führung, danach gelang den Serbinnen unter dem Lärm der Zuseher mit 25:19 der erneute Satzausgleich.

Im entscheidenden Durchgang lagen die Serbinnen schnell in Führung. Die deutschen Frauen schienen den Glauben an den Erfolg verloren zu haben und kapitulierten wohl auch bei dem Unterfangen, gegen das tosende Publikum anzuspielen.

Für Rückkehrerin Angelina Grün lohnte sich das Comeback in die Halle nach über drei Jahren Abstinenz trotz des verlorenen Finales, sicherte sie sich doch mit EM-Silber den größten Erfolg ihrer Karriere. Ihre erste und bislang einzige EM-Medaille hatte Grün 2003 in der Türkei gewonnen. Dort hatte sich das deutsche Team im Spiel um Platz drei gegen die Niederlande durchgesetzt.

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