Volleyball-Bundesliga:Die Familie ist erleichtert

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"Befreit in Kopf und Arm": Alpenvolleys-Brasilianer Douglas da Silva zeigte auch mit 36 Jahren gegen Eltmann beeindruckende Angriffe. (Foto: Claus Schunk)

Die Alpenvolleys lenken mit einem 3:0 gegen Eltmann vom peinlichen Pokalaus ab.

Von Sebastian Winter

Die Alpenvolleys Haching sind nicht nur ein ziemlich skurriler Volleyball-Erstligist (2017 wechselte Österreichs Dauermeister Innsbruck ja per Wildcard und Lizenznehmer Unterhaching in die Bundesliga und benannte sich um), sondern auch eine Art Familiendynastie. Othmar Kronthaler ist der Präsident des Klubs, sein Sohn Hannes Kronthaler der General Manager und als Bauunternehmer zugleich einer der wichtigsten Sponsoren, und sowieso der mächtige Strippenzieher im Verein. Hannes Kronthalers Sohn Niklas wiederum ist ein immer wichtiger werdender Außenangreifer der Alpenvolleys, und außerdem österreichischer Nationalspieler. Die Familie Kronthaler ist eine ziemlich große Nummer in Tirol, und dass Hannes' Cousin Andreas Kronthaler mit Vivienne Westwood verheiratet ist, macht sie nicht unbedingt kleiner.

Die Modedesignerin war am Sonntagabend nicht in Unterhaching, um sich den 3:0-Sieg der Alpenvolleys gegen die Volleys aus Eltmann anzusehen. Dafür waren Hannes und Niklas Kronthaler anwesend, und natürlich der slowakische Trainer Stefan Chrtiansky, der auch irgendwie zur Familie gehört, weil der Hobbyjäger ab und an in den Wäldern der Kronthalers auf die Pirsch gehen darf. Außerdem lag da noch dieses DIN-A5-Heftchen auf den Presseplätzen aus, wie bei jedem Heimspiel. Alfred Lerchbaumer, der frühere Marketingchef von Kronthalers Bauunternehmen, kredenzt dort das Vorwort, und "Alfis Wort", wie es lapidar heißt, trug diesmal Züge einer Schimpftirade - aufs eigene Team. Von einer "unzureichenden Selbsteinschätzung" sprach er, und: "Unsere Alpenvolleys sind noch weit vom Plafond entfernt. Es ist im Moment auch müßig, von Finalspielen zu palavern, im Pokal ist ja eh schon Ende und in der Meisterschaft ist es noch weit hin." Der Plafond, für alle Nicht-Österreicher, ist übrigens die Decke. Die Kritik bezog sich auf die 2:3-Blamage der Alpenvolleys vom vorvergangenen Samstag gegen den Ligaletzten Rottenburg im Pokal-Achtelfinale. Das erste Saisonziel, das Endspiel, war damit futsch, und das nächste, der Einzug ins Playoff-Finale, ist tatsächlich noch sehr weit entfernt.

Insofern war das Spiel gegen Aufsteiger Eltmann auch eine Standortbestimmung - und eine Chance, das Debakel gegen Rottenburg zumindest ein wenig in den Hintergrund zu drängen. Das Ergebnis ließ sich sehen, denn mit dem Erfolg ohne Satzverlust gegen die am Ende chancenlosen Unterfranken haben die Alpenvolleys auch drei Punkte gewonnen, die sie wieder auf Platz vier steigen lassen - wenn auch mit gehörigem Abstand zum Plafond, also zum Spitzenduo Berlin und Friedrichshafen. "Der erste Satz war der Knackpunkt, er hat uns befreit in Kopf und Arm", sagte Kronthaler, der Außenangreifer.

Der 25-Jährige hatte diesmal am Netz nicht ganz so sehr überzeugt wie in den ersten Saisonspielen, dafür sprangen andere ein. Wie beispielsweise der neue Alpenvolleys-Australier Jordan Richards, der sein erstes richtig gutes Spiel machte und mit vier Assen der weitaus beste Aufschläger des Spiels war. Jérôme Clère stabilisierte die Annahme, Pedro Frances gelangen vier der acht Alpenvolleys-Blocks, und sein brasilianischer Landsmann Douglas da Silva zeigte mit beeindruckend harten Angriffen, dass er auch als 36-Jähriger noch eine gute Option für Trainer Chrtiansky ist. Der dritte der vier Brasilianer im Team, Hauptangreifer Paulo da Silva, bot ebenfalls ein grundsolides Spiel. "Wir haben im Block und in der Abwehr mehr gemacht heute", sagte Chrtiansky zufrieden.

Eine Standortbestimmung war die Partie für die Alpenvolleys auch im Wortsinne. Zum ersten Mal in dieser Saison spielten sie in Unterhaching, ihrer oberbayerischen Zweigstelle. Kronthaler, der Manager, der in Innsbruck den Etat von 1,5 Millionen Euro mit österreichischen Sponsoren stemmt, hatte den Hachingern kürzlich ja vorgeworfen, zu wenig um neue Geldgeber und Zuschauer zu werben - der Lizenznehmer fand das gar nicht lustig. Immerhin 850 Zuschauer sahen nun das Spiel am Sonntag, die Stimmung war gar nicht schlecht, auch wenn das Publikum nach wie vor mit "seinen" Spielern fremdelt. "Es war ganz gut", fand auch Kronthaler, der sich aber für kommenden Montag gegen Friedrichshafen eine ausverkaufte Hachinger Halle wünscht. Vorher reisen die Alpenvolleys noch nach Bühl, wo die Bisons sie am Mittwoch erwarten, während Eltmann parallel im Kellerduell der beiden Letzten auf Rottenburg trifft - den Pokalschreck der Alpenvolleys.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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