Volleyball-Bundesliga:Der Treppenwitz

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Straubing hat Erfolg, sogar im Derby gegen Vilsbiburg.

Von Katrin Freiburghaus

Wäre der 20-Meter-Sprint olympisch, Benedikt Frank dürfte sich berechtigte Hoffnungen auf die Sommerspiele 2020 in Tokio machen. Der Trainer der Erstliga-Volleyballerinnen von Nawaro Straubing hatte am vergangenen Samstagabend nach über zwei Stunden noch genug Energie, um rechtzeitig in den Kreis seiner Spielerinnen zu stürmen. Dort verarbeitete er mit ihnen gemeinsam hüpfend, dass sie sich 3:2 (25:14, 21:25, 11:25, 25:19, 15:12) gegen die favorisierten Vilsbiburgerinnen durchgesetzt und ihren dritten Ligaerfolg in Serie errungen hatten.

Frank war mutmaßlich der Einzige auf dem Feld, der noch Energie übrig hatte. "Beide Teams waren physisch überlastet, das war ein reines Kampfspiel, das in der Frage entschieden wurde, wer mental besser durchhält", analysierte er. Was für Straubings dünn besetzten und zusätzlich durch Verletzungsprobleme dezimierten Kader zutreffen mochte, wollte sein Kollege auf der Vilsbiburger Bank, Timo Lippuner, nicht gelten lassen. "Ich würde nicht sagen, dass es bei uns an einer Form der Erschöpfung gelegen hat", sagte er, "wir haben wieder nur zwei Sätze gut gespielt, uns fehlt generell die Konstanz." Zwar sei Straubing im fünften Satz "frischer" gewesen, sein Team hätte sich jedoch "vorher selber in diese Situation bugsiert".

Straubings Stärke freut auch den Raben-Trainer -"aber natürlich nicht auf unsere Kosten"

Sowohl für Vilsbiburg als auch für Straubing war das Niederbayern-Derby vor über 1000 Zuschuern die dritte Bundesliga-Partie binnen sieben respektive acht Tagen; Vilsbiburg holte in Münster, gegen Dresden und in Straubing vier, Straubing gegen Suhl, in Erfurt und gegen Vilsbiburg acht Punkte und überholte den großen Lokalrivalen damit sogar in der Tabelle. Frank betonte sogleich, dass das eine "Momentaufnahme" sei, was aber nicht mit einem Bremsen der Euphorie zu verwechseln ist. Denn dazu gab es keinen Anlass: Vier Siege hat Straubing nach sieben Spielen bereits auf dem Konto. Zieht man aus der Gesamtbilanz der vergangenen Saison die beiden Siege gegen den außer Konkurrenz mitspielenden VC Olympia ab, ist es in diesem Jahr schon jetzt besser.

Was für Straubing der perfekte Abschluss einer kräftezehrenden Woche war, nannte Lippuner aus Sicht seines Team "einfach unnötig, das muss man nicht schönreden". Die zwei in spektakulärer Manier verlorenen Punkte beim Lokalrivalen seien "ein Fest" für die ausverkaufte Halle gewesen, "aber für uns und unsere Ansprüche nicht gut genug".

Straubings starkes erstes Saisondrittel freue ihn persönlich, sagte er, "aber natürlich nicht auf unsere Kosten". Vilsbiburg spielte zuletzt fünfmal über fünf Sätze; gegen die Spitzenteams Schwerin und Dresden war das Erreichen des Tiebreaks jeweils ein Achtungserfolg, bei Schwarz-Weiß Erfurt und Straubing kostete es hingegen Punkte. "Wir haben gesehen, dass unser Potenzial ausreicht, um gegen die Topteams mitzuhalten", bilanzierte Lippuner. Dass sein Team gegen "vermeintlich Schwächere" Punkte liegen lassen habe, zeige aber auch, "dass wir es nicht ausschöpfen".

Grundsätzlich halte Vilsbiburg in der Region dennoch unverändert "völlig klar die Vormachtstellung", sagte Frank. Mit Vilsbiburg verbindet Straubing mehr als nur räumliche Nähe. Das Konzept beider Klubs ähnelt sich; wenn man so will, befinden sie sich auf verschiedenen Stufen derselben Treppe. Auch der zweimalige Meister Vilsbiburg startete einst mit jungen Talenten, von denen längst nicht alle Profis waren, und erarbeitete sich erst nach und nach einen höheren Etat sowie damit verbundenen Spielraum auf dem Transfermarkt. Straubing steht derzeit am Anfang dieses Prozesses.

Im Vergleich zur Vorsaison sind Schlüsselpositionen mit deutlich erfahreneren Spielerinnen besetzt

Im Vergleich zur Vorsaison sind Schlüsselpositionen zwar mit deutlich erfahreneren Spielerinnen besetzt, die das Spiel laut Frank "in den passiven Elementen am Laufen halten"; also in Block, Abwehr und Annahme. Doch Straubing stellt sich bei Verpflichtungen unverändert hinten an. Entweder kommen unbekannte Talente wie Ragni Steen Knudsen aus Norwegen, bei denen viel zusammenpassen muss, damit sie so gut spielen, wie es die Außenangreiferin derzeit tut. Oder Straubing holt jene, die für die Großen der Liga zu unerfahren, zu unfertig oder gesundheitlich angeschlagen sind. So geschah es vor der Saison, so geschah es auch in der vergangenen Woche. Sofia Turla unterschrieb als Ersatz für Straubings verletzte zweite Zuspielerin Lisanne Meis einen Vertrag bis Januar. Die 21-Jährige hatte unlängst schon bei Meister Stuttgart vorgespielt. Sie wurde dort für hoch talentiert befunden - aber eben nicht verpflichtet.

© SZ vom 18.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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