Volleyball:Baggern im Hangar

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Arena im Anflug: Friedrichshafens Außenangreifer Luciano Vicentin freut sich auf die neue Halle. (Foto: Hafner/Nordphoto/Imago)

Friedrichshafens seit zwei Jahren heimatlose Volleyballer haben eine neue Halle gefunden - am Bodensee-Airport. Allerdings passen dort nur 1000 Zuschauer hinein. Für die Champions League muss der VfB wohl auch weiterhin nach Neu-Ulm pendeln.

Von Sebastian Winter, Friedrichshafen/München

In diesem Biotop spielt auch die Geschichte von Friedrichshafens Volleyballern, seit Jahrzehnten das (seit einiger Zeit nicht mehr ganz so strahlende) sportliche Aushängeschild der Stadt - samt ihrer Suche nach einer neuen Heimspielstätte. Seit zwei Jahren ziehen sie nomadengleich umher, weil ihre ehrwürdige Bodenseehalle wegen korrodierender Dachträger im Herbst 2020 sofortiges Zugangsverbot erhalten hatte. Zunächst in Friedrichshafens Messe, deren Post-Corona-Geschäft nun aber wieder brummt, ergo: kein Platz mehr für Volleyball. Dann nach Neu-Ulm, wo die Halle oft zu leer und überhaupt zu weit weg war, um Identifikation zu stiften.

Sogar ein Rückzug aus der Bundesliga stand im Raum für den Pokalsieger und Playoff-Finalisten, "in allerletzter Konsequenz hätte das das Ende des Spitzenvolleyballs in Friedrichshafen bedeutet", sagt VfB-Geschäftsführer Thilo Späth-Westerholt. Doch nun gibt es eine Lösung: Am Montagnachmittag hat der Gemeinderat dem VfB grünes Licht gegeben, einen Hangar am Flughafen Friedrichshafen in eine Volleyballarena umzubauen. Ganz in der Luftfahrttradition der Zeppelin-Stadt - und getreu dem Motto von Ferdinand Graf von Zeppelin: "Man muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen."

Von der Stadt gibt es einen einmaligen Zuschuss von 1,8 Millionen Euro und 325 000 Euro pro Jahr für die Betriebskosten

Für mindestens drei Jahre soll der "Hangar R" als neue Heimspiel-und Trainingsstätte der Profis und der in der zweiten Liga spielenden Nachwuchsmannschaft Volley Young Stars dienen, Zeppeline oder sonstige Fluggeräte werden dort ohnehin nicht gebaut. Die Halle diente unter anderem als Garage und Werkstatt für die Flugzeuge einer österreichischen Regionalfluggesellschaft - und wartet seit deren Insolvenz im November 2015 auf einen großen Nachmieter. Friedrichshafens Volleyballer bekommen nun von der Stadt einen einmaligen Zuschuss von 1,8 Millionen Euro und 325 000 Euro pro Jahr für die Betriebskosten.

In der 50 mal 40 Meter großen Halle stehen laut Späth-Westerholt noch das eine oder andere Privatflugzeug und ein paar Büro-Container, ansonsten ist sie leer. Das bedeutet zugleich eine Menge Umbauarbeiten, bis die neue Saison im Herbst beginnt. "Wir werden eine Tribüne einziehen, den Volleyballboden legen - wir brauchen Licht, Kabinen und alles, was eben dazugehört." Die Eingangstüren sind auch noch zu klein, Notausgänge müssen installiert und überhaupt erstmal ein Bauantrag gestellt werden. Ja, es ist ein weiter Weg vom Hangar zu einer Sport-Versammlungsstätte. Die Volleyball Bundesliga (VBL) hat immerhin schon ihre Zustimmung erteilt - obwohl die Halle alles andere als erstligakonform ist mit voraussichtlich nur 1000 Zuschauern Fassungsvermögen. Aber was soll die VBL, die ohnehin nur zehn Klubs beherbergt, auch machen? Sie kann ja schlecht eines ihrer Kernmitglieder aussperren.

Allerdings dürfte die geringe Kapazität für Friedrichshafens Volleyballer noch zum Problem werden. Denn in der Champions League sind Hallen mit mindestens 3000 Sitzplätzen vorgeschrieben. Wenn er keine Ausnahmegenehmigung bekommt, muss der VfB also kommende Saison zumindest auf internationalem Parkett doch wieder mit dem Mannschaftsbus eineinhalb Stunden nach Ulm in die Ratiopharm-Arena tuckern, was auch wieder Zusatzkosten verursacht.

Die Anhänger und der stolze Klub werden es verschmerzen, Hauptsache, sie rücken in der Bundesliga und im DVV-Pokal wieder näher an den Bodensee heran. "Es gibt uns ein gutes Gefühl, wieder nach Hause zu kommen", sagt Späth-Westerholt. Ein schöner Satz, der fast schon ein Werbeslogan sein könnte für den neuen Hangar - und den mit Sicherheit auch Ferdinand Graf von Zeppelin so unterschrieben hätte.

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