Vierschanzentournee:Kurzschlüsse im Boden

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Erkenntnis zum Tournee-Start nach einem Stromausfall: Skispringer brauchen Strom. Wettbewerb unplugged ist nicht mehr.

Von Volker Kreisl

Skispringen im Kerzenlicht? Der Ski-Weltverband Fis und seine angeschlossenen Nationalverbände haben im vergangenen Jahrzehnt eine Menge Maßnahmen ausgeheckt, um das Schanzenspektakel gerechter zu gestalten, um es vom Wetter und seinen Kapriolen unabhängiger zu machen. Als in Oberstdorf am Montag das Spektakel Vierschanzentournee beginnen sollte, hatte man also den Wind im Griff, man hatte den Schneemangel im Griff - aber dann, um 15.23 Uhr, kam das Problem aus der Erde.

Vermutlich hat in Oberstdorf noch kein Stromausfall so viel Aufregung verursacht wie der am Qualifikationstag zur 64. Vierschanzentournee. Bei einem gewöhnlichen Stromausfall sind halt einzelne Ortsteile betroffen, man wundert sich, ärgert sich - und wartet ab. Bei einem Skisprungstromausfall aber sind Tausende Zuschauer betroffen, 69 Skispringer und noch viel mehr vom Brennpunkt abgeschnittene Medienleute mit dringendem Aktualitätsbedarf, was insgesamt zu hitzigen Gerüchten führt.

Da brannten im Dorf wieder die Lichter: Severin Freund gelang ein überragender Sprung bei allerdings auch glücklichem Windwechsel. (Foto: Christof Stache/AFP)

Stunden später brannten im Pressezentrum an der Schanze wieder Glühbirnen statt Kerzen, und unten im Ortskern, im Haupt-Pressezentrum, entkräftete der Organisationschef und Skiklub-Vorsitzende Peter Kruijer einige Gerüchte (räumte aber gleichzeitig ein, dass er solchen Ärger nicht mehr haben möchte). Die vereiste Anlaufspur wäre wohl doch nicht so schnell abgetaut wie zunächst verbreitet. Das erste Wettkampf-Springen am Dienstag war nie in Gefahr. Die Zuschauer, die in der Dämmerung standen und mangels funktionierender Lautsprecher per Megafon beschallt werden mussten, hatten sich die Laune auch nicht verderben lassen. Und weder die Fis noch das Organisations- komitee trugen Schuld, die Panne hatte ihre Ursache im Ortskern, weit entfernt vom Hoheitsgebiet des Sports. Aber eine für Winter-Nostalgiker bittere Erkenntnis stand am Schluss doch: Skispringen ohne Strom geht heute nicht mehr.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass man so viel Bedarf mit Not-Aggregaten decken kann", sagte Huijer. Für die wichtigsten Lampen und Geräte hatte man zwar Generatoren, aber ein voll funktionierendes Skisprungstadion ist hochgerüstet wie ein Rockkonzert. Allein die Flutlichtversorgung verschlingt viel Energie. Genauso wie der Aufzug, mit dem die Skispringer nach oben gebracht werden. Der immerzu wechselnde und ungerechte Wind muss an zahlreichen Stellen per Software vermessen werden, sonst können den Springern keine Ausgleichspunkte berechnet werden. Videowände müssen bespielt werden, sonst verstehen die Zuschauer nichts. Skispringen unplugged ist Vergangenheit.

Die nächsten Termine der Vierschanzentournee

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(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Das nächste Springen findet in Garmisch-Partenkirchen am Freitag, 01.01.2016 um 14 Uhr statt. Den Schanzenrekord auf der großen Olympiaschanze hält seit 2010 Simon Amman (Schweiz) mit 143,5 Metern. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Vierschanzentournee

Die nächsten Termine der Vierschanzentournee

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(Foto: picture alliance / dpa)

Das dritte Springen findet in Innsbruck am Sonntag, den 03.01.2016 um 14 Uhr statt. Den Rekord auf der Bergisel-Schanze hält der Österreicher Stefan Kraft, der Anfang 2015 auf 137 Meter flog. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

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Die nächsten Termine der Vierschanzentournee

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(Foto: Georg Hochmuth/dpa)

Der abschließende Wettbewerb findet in Bischofshofen am Mittwoch, 06.01.2016 um 17 Uhr auf der Paul-Außerleitner-Schanze statt. Seit zehn Jahren hält Daiki Ito (Japan) den Schanzenrekord über 143 Meter. (Foto: Georg Hochmuth/dpa)

Passiert ist letztlich zwar gar nichts, deutlich wurde an diesem Auftakt-Montag aber, dass die Tournee trotz aller Sicherungen weiter auf höhere Gewalt und Herausforderungen stößt - auch wenn die Ursache dieses 75-minütigen Stromausfalls dann nicht spektakulär ausfiel. Es waren Kurzschlüsse an zwei 20 000-Volt-Kabeln im Boden. Zwei Abschnitte waren betroffen, weshalb die Allgäunetz GmbH&Co.KG deutlich länger als sonst brauchte, um die Fehler aufzuspüren. Schuld war das Kabelmaterial. Es war ermüdet.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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