VfL Wolfsburg:Die letzten Unbesiegten

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Trainer und Torgarant: Oliver Glasner mit Stürmer Weghorst. (Foto: O.Behrendt/imago)

Wolfsburg ist Zweiter und als einzige Mannschaft der Liga ungeschlagen - dank neuer Stabilität und Torjäger Weghorst.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Maximilian Arnold kam aus dem nervösen Kichern gar nicht mehr heraus. Durch den 1:0-Sieg gegen Union Berlin hatte sich sein VfL Wolfsburg auf den zweiten Tabellenplatz vorgeschoben; die üblichen Champions-League-Verdächtigen wie der FC Bayern (3.), Leipzig (4.), Leverkusen (7.) und Borussia Dortmund (8.) stehen für mindestens die Dauer einer Länderspielpause hinter den Niedersachsen. "Wenn das jetzt am 34. Spieltag so wär'...", kicherte Arnold also, nur auf eine bestimmte Debatte wollte er sich nicht einmal aus Spaß einlassen: auf die Frage, ob es in diesem hypothetischen Falle, also dem zweiten Platz für Wolfsburg am letzten Spieltag der in Wahrheit erst sieben Runden alten Saison, nicht bitter wäre, so knapp am Meistertitel vorbeizuschrammen? Das war der Moment, als Arnold an seine Gesichtsmuskeln das Kommando: "Ernsthaftigkeit mimen!" sendete, um dann zu sagen: "Wir sind froh, wo wir jetzt stehen."

Führt man sich vor Augen, wo die Wolfsburger vor gar nicht allzu langer Zeit standen, wie sie zweimal vor zermürbenden Abstiegs-Relegationsrunden zitterten, dann ist diese bescheidende Freude nur allzu nachvollziehbar. Der VfL hatte sich schon in der vergangenen Saison unter Trainer Bruno Labbadia rehabilitiert und für die Europa League qualifiziert. Jetzt, unter dem neuen Trainer Oliver Glasner aus Österreich, setzen sie noch einen drauf: Der VfL ist die einzige Mannschaft der Liga, die bis dato ungeschlagen ist; wettbewerbsübergreifend war der Sieg gegen den Bundesliganeuling Union der sechste in zehn Pflichtspielen. Und: Die neu strukturierte, auf einem zentralen Dreierverbund ruhende Abwehr steht. "Wir haben eine gewisse defensive Stabilität", sagte Glasner.

Diese Einschätzung bewegte sich am Rande des unzulässigen Understatements. Kein Bundesligist hat bisher weniger Gegentreffer hinnehmen müssen als Wolfsburg - obwohl sich Stammtorwart Koen Casteels und Innenverteidiger John Anthony Brooks (mal wieder) verletzt haben. Die Partie gegen Union war die dritte ohne Gegentor, kurioserweise war es der Drittligist Hallescher FC, der es im DFB-Pokal bei der 3:5-Niederlage gegen Wolfsburg als einziger von bislang zehn Gegnern schaffte, mehr als einen Treffer gegen Wolfsburg zu schießen. Das aber war im August.

"Wir haben mittlerweile das Selbstvertrauen, um hinten sicher zu stehen", sagte Glasner, "und zu wissen, dass wir ein Tor machen können." Zuständig dafür war am Sonntag wieder mal Wout Weghorst, mit vier Toren und zwei Vorlagen der Topscorer des VfL. Der 27-jährige Niederländer erinnert an einen Landsmann, der vor ein paar Jahren in Wolfsburg spielte und nun über den Umweg Portugal in Frankfurt gelandet ist: Bas Dost, 30. Beider Arbeitsauffassung ist von ähnlicher Aufopferungsbereitschaft getragen, sie machen kein großes Gewese um Fragen der Finesse, wobei Weghorst technisch eine Spur besser ist als Dost. Gegen Union traf Weghorst in der 69. Minute, nach Vorarbeit von Josip Brekalo stand er allein vor Torwart Rafal Gikiewicz - und kannte kein Pardon.

In der ersten Halbzeit war Weghorst in ähnlicher Konstellation noch gescheitert, nach einem Pass von Maximilian Arnold. Der Mittelfeldspieler kündigte an, Weghorst dafür noch zur Rede stellen zu wollen - doch auch das meinte er im Scherz.

Die große Frage blieb, wie ernst man nun die Tabelle nehmen sollte. So ein zweiter Platz nach sieben Spieltagen ist kein Zufall, andererseits ließe sich einwenden, dass der Spielplangestalter es bisher nicht so schlecht mit den Wolfsburgern gemeint hat. Unter den bereits abgewickelten Gegnern waren unter anderem jene vier Teams, die am Ende der Tabelle stehen (Paderborn, Köln, Union, Düsseldorf), die restlichen stehen allesamt ebenfalls in der unteren Tabellenhälfte. Insofern wird es spannend zu sehen sein, wie sich Wolfsburg gegen stärkere Gegner schlägt.

Doch das System Glasners, das auf so genanntem Umschaltspiel basiert, ist ein Rezept, das tendenziell gegen Mannschaften besser funktioniert, die den Ball haben wollen. Und die stehen in der Regel oben in der Tabelle. Zum Beispiel RB Leipzig, das nach der Länderspielpause der nächste Gegner der Wolfsburger ist.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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