VfL Bochum mit Mühe weiter:Glück schlägt Philosophie

Lesezeit: 2 min

Gerade noch mal gutgegangen: Erstligist Bochum rettet sich gegen Wuppertal über die Verlängerung in die zweite Pokalrunde. (Foto: Frederic Scheidemann/Getty)

Der Bundesliga-Rückkehrer VfL Bochum siegt erst in der Verlängerung 2:1 beim Wuppertaler SV. Der Viertligist mit Vorstandsmitglied Peter Neururer besinnt sich auf längerfristige Perspektiven.

Von Ulrich Hartmann

Beim Viertligisten Wuppertaler SV muss eigentlich nur einer Autogramme geben: Peter Neururer, seit drei Monaten Vorstandsmitglied beim West-Regionalligisten. Am Samstag schrieb der 66-Jährige durch den Stadionzaun seinen Namen auf allerhand Eintrittskarten, die ihm Menschen durch den grobmaschigen Draht anreichten.

Viel hat nicht gefehlt, dann hätten sich auch ein paar der Wuppertaler Fußballer hinterher größerer Beliebtheit erfreut. Im Erstrundenspiel des DFB-Pokals zwangen sie den drei Klassen höher beheimateten VfL Bochum nämlich tapfer in die Verlängerung. Bis kurz nach der Pause hatten die Wuppertaler durch ein Tor von Semir Saric (23.) sogar mit 1:0 geführt, doch der 1:1-Ausgleich durch Simon Zoller in der 53. Minute und der 2:1-Siegtreffer durch Robert Tesche in der 111. Minute bewahrten den Bundesliga-Aufsteiger Bochum vor einer Blamage und beförderten ihn in die zweite Runde. "Wuppertal hat uns das Leben verdammt schwer gemacht, am Ende brauchst du halt auch das Quäntchen Glück", sagte der erleichterte Trainer Thomas Reis, der den Verein in der vergangenen Saison überraschend nach elf Jahren Abstinenz wieder in die Bundesliga geführt hatte.

Spielentscheidende Szene: In der 111. Minute erzielt Robert Tesche (links) mit einem satten Schuss den Siegtreffer für den VfL Bochum. (Foto: Frederic Scheidemann/Getty)

Für Neururer, im Wuppertaler Vorstand eher für die längerfristigen Perspektiven als für das Tagesgeschäft zuständig, war die Pokalpartie deshalb eine ganz besondere, weil er von 2001 bis 2005 und von 2013 bis 2014 zwei Mal Trainer beim VfL Bochum war. In seiner ersten Amtszeit dort hat er den Klub sogar ganz kurz in den Uefa-Pokal geführt.

Auch der Wuppertaler SV hat tatsächlich mal im Uefa-Pokal gespielt: 1972 stieg der Klub in die Bundesliga auf und qualifizierte sich mit seinem Torjäger Günter "Meister" Pröpper als Vierter auf Anhieb fürs internationale Geschäft. Gegen das polnische Team von Ruch Chorzow schied der Klub allerdings sogleich wieder aus. 1975 stieg Wuppertal aus der Bundesliga wieder ab und kehrte nie wieder dorthin zurück. Heute träumt Neururer davon, dass die Fußballer aus der Stadt der Schwebebahn einst wieder ein bisschen mehr Glanz in die Region bringen. Am Samstag wäre ihnen das mit einem Sieg im ersten DFB-Pokal-Hauptrunden-Spiel seit 13 Jahren um ein Haar ja schon gelungen.

In der ersten Halbzeit gelang den Bochumern nichts. In der Sommerpause haben sie mit Robert Zulj ihren wichtigsten Mittelfeldspieler an den Klub Al Ittihad Kalba in die Vereinigten Arabischen Emirate verloren. Ihn soll Elvis Rexhbecaj ersetzen, den die Bochumer vom VfL Wolfsburg ausgeliehen haben. Doch der 23-Jährige ist erst seit wenigen Tagen bei der Mannschaft und braucht noch ein bisschen Eingewöhnungszeit.

In der zweiten Halbzeit brachte der Trainer Reis den neuen Flügelstürmer Christopher Antwi-Adjei ins Spiel. Zum 1:0 lieferte der blitzschnelle vormalige Paderborner die Vorlage. Simon Zoller brauchte nur noch einzuschieben. Pech hatte Neuzugang Takuma Asano von Partizan Belgrad (aber bekannt vom VfB Stuttgart und Hannover 96), als er nach einer Stunde nur die Latte traf. So mussten die Bochumer in die Verlängerung, um erst dort durch Tesches Treffer den gelungenen, wenn auch glücklichen Saisonauftakt zu sichern.

"Das war extrem eklig zu spielen", warb Torschütze Zoller hernach um Verständnis für die viele Mühe, fand sie beim Trainer Reis aber nicht hinreichend, der die Leistung seiner Mannschaft subtil kritisierte mit den Worten: "Ohne hundertprozentige Einstellung ist es halt schwer."

Peter Neururer derweil machte sich über den sportlichen Kreis hinaus auch für intellektuelle Zirkel interessant, als er in der ARD-Sportschau nach dem Spiel bilanzierte: "Wir konnten nur gewinnen, selbst mit einer Niederlage - ein hochphilosophischer Ansatz von mir."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: