VfB Stuttgart:Weit weg vom FC Bayern der zweiten Liga

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Wie Partygäste, die sich noch nicht so recht wohlfühlen: Der VfB Stuttgart startet verhalten in die erste Saison nach dem Abstieg. (Foto: Caroline Seidel/dpa)

Der Bundesliga-Absteiger patzt schon im zweiten Spiel. Beim 0:1 in Düsseldorf tun die Schwaben alles dafür, die ungeliebte Favoritenrolle los zu werden.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Es hat aus dem Schwäbischen zuletzt viele Bestrebungen gegeben, der Branche auszureden, der VfB Stuttgart sei in dieser Saison der FC Bayern der zweiten Liga. Ein knapper 2:1-Sieg gegen den FC St. Pauli und eine 0:1-Niederlage am Freitagabend bei Fortuna Düsseldorf unterstützen diese Bestrebungen, und dennoch gefällt vielen Vertretern der Liga der Gedanke, alle Favoritenlast auf die Absteiger Stuttgart und Hannover abzuwälzen.

Man habe sehr kompakt gestanden, hat Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel nach dem Sieg seiner Fortuna geschwelgt, um dieses Lob durch die vermeintliche Qualität der Stuttgarter zu potenzieren; "anders hast du gegen diese schnellen und individuell starken Stuttgarter überhaupt keine Chance", hat Funkel gesagt, als handele es sich bei dieser VfB-Mannschaft um das All-Star-Team aus Real Madrid, Manchester City und dem FC Barcelona. Dabei hatten die Schwaben am Rhein eher gespielt wie das All-Star-Team von SV Sandhausen und Karlsruher SC, was bedeuten soll: Der VfB hat sich in seinen ersten drei Stunden Zweitliga-Fußball seit einer Ewigkeit gleich sehr effektiv ans Zweitliga-Niveau angepasst.

Ein Sack voller Nüsse, 34 Stück, schon die zweite geht nicht auf

Zwar hat der VfB in Düsseldorf das Gegentor durch einen zweifelhaften Elfmeter bekommen, die Schlussphase dominiert, selbst einen Elfmeter verweigert bekommen und ein eigentlich verdientes Unentschieden verpasst - aber vom FC Bayern der zweiten Liga muss zurzeit wahrlich niemand reden, wenn er den VfB beschreiben will. "Die ganze Saison wird eine einzige harte Nuss", sagte hinterher Stuttgarts neuer Sportchef Jan Schindelmeiser. Ein Sack voller Nüsse, 34 Stück, und schon die zweite hat der VfB nicht aufbekommen.

Eine knappe Stunde lang hatte es den Stuttgartern nichts genützt, dass der gegen St. Pauli spät eingewechselte und dann so starke Alexandru Maxim diesmal von Anfang an hatte mitspielen dürfen. Er, ebenso wie der neu in die Startelf gerutschte Boris Tashchy, blieb die nötige Leidenschaft zunächst schuldig, während der im Sommer aus der zweiten Mannschaft aufgerückte Innenverteidiger Stephen Sama merkwürdig emotional agierte. Zunächst ließ er sich mit Düsseldorfs Adam Bodzek auf mehrere Scharmützel ein, die beiden nach wenigen Minuten bereits eine gelbe Karte einbrachten, dann wirkte Sama anfällig, verursachte in der 52. Minute den gleichwohl fragwürdigen Elfmeter für Düsseldorf und wurde in der 61. Minute vom Trainer Jos Luhukay gegen den offensiven Tobias Werner ausgetauscht, weil Gelb- und Foul-Belastung eine allzu hohe Bürde waren. Mit Werner kam Schwung ins Spiel, der Ausgleich hätte fallen können, sollen und müssen - aber er blieb den Stuttgartern versagt.

"Die Parallele zum ersten Spiel gegen St. Pauli war, dass wir erst in der zweiten Halbzeit Druck aufgebaut haben", sagte Schindelmeiser zunächst noch sachlich-analysierend, um daraus jedoch eine durchaus nachvollziehbare emotionale Forderung abzuleiten: "Ich wünsche mir, dass uns das demnächst früher gelingt."

Eine Party, auf der die Spieler am liebsten gar nicht wären

Noch benehmen sich die Stuttgarter zu Spielbeginn wie späte Party-Gäste, die nicht gleich Anschluss finden, aber vielleicht ist diese Zweitliga-Saison auch tatsächlich so etwas wie eine Party, auf der die Spieler am liebsten gar nicht wären. Es wirkt so, als müssten sie ihr Schicksal weiterhin akzeptieren lernen ebenso wie die Musik, die da drunten in der zweiten Liga gespielt wird: "Dass wir Lösungen finden müssen gegen Mannschaften, die sehr kompakt und tief verteidigen - das haben wir doch schon vor der Saison gewusst", sagte Schindelmeiser und klang damit ganz suggestiv ein kleines bisschen so, als habe ihm der Trainer Luhukay die Mannschaft für ein solches Spiel bislang nicht präzise genug präpariert.

Wie schon gegen St. Pauli ist der VfB auch in Düsseldorf erst im Rückstand mutiger und damit besser geworden. "Die Düsseldorfer haben es aber auch sehr gut gemacht", lobte Luhukay ein bisschen zu willfährig einen Gegner, der halt typischen Funkel-Fußball spielte und offensiv nicht annähernd zu den besten Liga-Vertretern gehört.

Für Düsseldorfs Verteidiger Alexander Madlung war dieser Sieg dann auch nur einer im Kampf um die nötige Distanz zum Tabellenkeller. Mit Fragen zu einem möglichen Aufstieg der Fortuna konfrontiert, wechselte der routinierte Profi ins kabarettistische Fach und parodierte gekonnt allerhand Titelphrasen aus dem Fußballjargon.

Auch ohne die Niederlage war klar: Personell hat der VfB noch Bedarf

Treffender konnte man die allenfalls solide Leistung der Fortuna nicht einordnen, und desillusionierender war am Freitagabend keine Analyse auch für jene Stuttgarter, die sich für ihre ersehnte Bundesliga-Rückkehr ganz erheblich steigern müssen. "Es hat ja nicht dieser Niederlage bedurft, damit wir sehen, dass wir personell noch etwas machen wollen", sagte Schindelmeiser und wiederholte damit jene Pläne, bis zum Ende der Transferperiode am 31. August noch ein, zwei oder auch drei Transfers zu tätigen. Offensiv, aber auch auf der Umschaltposition im defensiven Mittelfeld könnten sich in den ersten beiden Spielen Bedürfnisse entwickelt haben.

Ein Gutes freilich hatte das Spiel in Düsseldorf für die Öffentlichkeitsarbeit des VfB: Sie müssen fürs erste niemanden mehr davon überzeugen, dass Stuttgart nicht der FC Bayern der zweiten Liga ist. Diesen Vergleich muss man sich nämlich hart erarbeiten.

© SZ vom 14.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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