Verschmutztes Segelrevier vor Rio:"Das Problem ist, Viren kann man nicht sehen"

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In der Guanabara-Bucht schwimmen allerlei Gegenstände, die dort nicht hingehören. (Foto: Matthew Stockman)

Schwimmende Elektrogeräte und starker Gestank: Ferdinand Gerz segelt im verschmutzten Revier vor Rio. Die Gefahr einer Infektion ist groß - trotzdem freut er sich auf Olympia.

Von Christopher Gerards

Wer im Internet nach der Guanabara-Bucht sucht, findet Bilder, die auch als Postkartenmotive durchgingen: Zuckerhut, weißer Sand, Hügel am Horizont. Zu finden sind aber auch: Bilder von trübem Wasser, in dem Müll schwimmt. In der Guanabara-Bucht vor Rio de Janeiro sollen bei den Olympischen Spielen 2016 die Segelwettbewerbe stattfinden, doch derzeit gleicht das Gewässer einer Kloake. Messungen haben ergeben, dass das Wasser gesundheitsgefährdend sein kann. Die örtlichen Planer der Spiele bestreiten das zwar, aber jetzt ist die Aufregung groß. Zurzeit segeln Sportler bei Testwettbewerben vor Rio - auch Ferdinand Gerz, 26, aus München.

SZ.de: Herr Gerz, sind Ihnen im Wasser schon Müll, Möbelstücke oder Elektrogeräte begegnet?

Als wir im vergangenen Jahr bei einem Rennen hier waren, habe ich Schrankteile und Holzplatten gesehen, ja. Dieses Jahr ist es deutlich weniger geworden. Vielleicht liegt es daran, dass es seit zwei Wochen nicht mehr geregnet hat. Dann spülen die Flüsse nicht so viel Zeug an. Aber der Sperrmüll ist nur das eine Problem.

Und das andere?

Na ja, die Bakterien und Viren, die das Wasser verschmutzt haben, können wir natürlich nicht sehen. Und das ist unangenehm. Was man wahrnimmt, ist der Gestank, es riecht nach Abwasser. Das alles vergisst man zwar, wenn man gerade im Rennen ist. Aber wenn man sich bei den Olympischen Spielen eine Infektion einfangen würde, wäre das natürlich katastrophal.

Eine Professorin für öffentliche Gesundheit an der University of Texas hat bereits Alarm geschlagen. Sie schätzt, dass die Sportler ein 99-prozentiges Infektionsrisiko tragen, wenn sie drei Teelöffel von dem verseuchten Wasser aufnehmen.

Das hab' ich auch gehört, und ehrlich gesagt: In den Rennen, die ich am Sonntag und Montag gefahren bin, habe ich garantiert mehr als drei Teelöffel Wasser geschluckt. Gerade in der 470er-Klasse wird man extrem nass. Das ist, als stünde man unter der Dusche. Und wenn man das zwei, drei Stunden am Tag macht, bekommt man viel Wasser ab. Allerdings hatte ich bis jetzt keine gesundheitlichen Probleme. Toi, toi, toi.

Ferdinand Gerz (l.) hat schon 2012 an den Olympischen Spielen in London teilgenommen, zusammen mit Patrick Follmann. 2016 möchte Gerz auch in Rio antreten. (Foto: REUTERS)

Und Ihre Kollegen?

Das deutsche Team ist gesund. In anderen Mannschaften gibt es Leute, die krank geworden sind. Ob das aber am Wasser liegt - schwer zu sagen.

Was tun Sie, um sich zu schützen?

Wir haben eine mobile Dusche in unserem Betreuerboot. Mit der waschen wir zwischen den Rennen unsere Gesichter ab. Und wir versuchen, unsere Immunsysteme zu stärken, um Infektionen vorzubeugen. Zum Beispiel mit probiotischen Darmkeimen für die Darmflora.

Die Verantwortlichen wollen jetzt mehr unternehmen, um das Wasser zu säubern. Sie wollen Barrieren aufbauen und Boote fahren lassen, die den Schmutz aus der Bucht halten sollen. Ein guter Plan?

Das Problem ist: Die Bucht ist riesengroß, bestimmt so groß wie der Bodensee. Es gibt unheimlich viele Zuflüsse, und bis Olympia bleibt ja nur noch ein Jahr. Dass wir 2016 eine gute Wasserqualität haben werden, glaube ich daher nicht.

Dreckiges Wasser, Viren, Bakterien - freuen Sie sich da überhaupt auf Olympia?

Erstmal müssen wir uns ja noch qualifizieren. Und ja: Wir freuen uns trotz allem drauf. Abgesehen vom verschmutzten Wasser ist das Segelquartier ja eines der schönsten und vielfältigsten überhaupt.

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