US-Basketball:Zupacker unter den Körben

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In dieser Saison stehen so viele deutsche Basketballer in der NBA unter Vertrag wie noch nie - eine Vorstellung der historischen sieben.

Von Jonas Beckenkamp

Dirk Nowitzki, 40 Jahre, 2,13 m, Dallas Mavericks

(Foto: dpa)

In Dallas treffen in dieser Saison Extreme aufeinander: ein Altstar und ein Teenie sollen die Mavericks wieder in die Playoffs bringen. Dirk Nowitzki ist mittlerweile 40, sein neuer Teamkollege Luka Doncic gerade 19. Bei den Mavericks herrschte vor dieser Spielzeit wieder bessere Laune, nachdem das vergangene Jahr von Niederlagen und einer Sexismus-Affäre im Klub geprägt war. Nun bringt Doncic dem Team eine neue Gewinner-Mentalität - er ist Europameister mit Slowenien und Euroleague-Champion mit Real Madrid geworden-, während Nowitzki wohl mehr zum Ratgeber wird. Noch immer ist er ein produktiver Teamplayer, doch seine Rolle verändert sich. Erstmals seit seiner Premieren-Saison 1998/99 wird er nun von der Bank kommen, seine Einsatzzeiten werden noch mehr dosiert, damit der Umbruch der Mannschaft voranschreitet. Den Saisonstart verpasst er wegen Problemen an der Achillessehne - aber den Spaß wird er sich auch in seiner 21. Saison in Dallas (NBA-Rekord!) nicht nehmen lassen.

Maxi Kleber, 26 Jahre, 2,07 m, Dallas Mavericks

(Foto: Liu jialiang/imago)

Dass Dallas es nach zwei Jahren Frust wieder in die Playoffs schaffen kann, liegt auch an einem anderen Deutschen: Maxi Kleber, wie Nowitzki gebürtiger Würzburger, geht nach seiner Zeit beim FC Bayern in seine zweite NBA-Saison. Schon im vergangenen Jahr zeigte der Nationalspieler gute Ansätze, er stand sogar häufig in der Startformation. Seine kranlangen Arme, sein sicherer Distanzwurf und seine Zupacker-Mentalität in der Defensive dürften ihm auch weiterhin Einsatzzeiten garantieren. Als sogenannter "Power Forward" wird auch er überwiegend von der Bank kommen, um dem Team Anschub zu geben. In der Vorbereitung klappte das vortrefflich: Mehrmals fanden Klebers Dreier ihr Ziel, auch unter dem Korb fungierte er als Verwerter mit Freude am Dunking. Aufpassen muss Kleber nur, dass ihm seine Vielseitigkeit nicht zum Verhängnis wird: Da er mehrere Positionen spielen und verteidigen kann, pendelt er zwischen Außen und Innen auf dem Feld. Eine Stammposition hat er nicht - Trainer Rick Carlisle setzt ihn aber gerne als Allzweckmittel ein.

Dennis Schröder, 25 Jahre, 1,88 m, Oklahoma City Thunder

(Foto: Sue Ogrocki/AP)

Deutschlands derzeit bester Korbjäger kann sich freuen: Für Dennis Schröder ist der Wechsel von Atlanta nach Oklahoma ein Aufstieg, schließlich zählte sein alter Klub zuletzt zu den miesesten der NBA. Schröder spielte und punktete viel, doch das Team verlor ständig. Dass ihm das nicht passte, äußerte er am Ende auch öffentlich, sein Abschied von den Hawks war die Konsequenz. Nach einem Sommer, in dem er dem Nationalteam zur WM-Qualifikation verhalf, erwartet ihn jetzt eine Mannschaft mit reichlich Potenzial - und eine neue Rolle. Auch Schröder wird viel als Bankangestellter agieren, wenngleich nicht zum Saisonstart: Nach der Verletzung des Thunder-Anführers Russell Westbrook beginnt der Deutsche wohl als erster Mann im Spielaufbau, nicht nur im Auftaktspiel beim Titelverteidiger Golden State. Wenn Westbrook fit ist, muss sich sein Vertreter gedulden, effektiver werden und sein Temperament zügeln. "Für mich war wichtig zu hören, dass ich meine Einsatzzeit bekomme, welche sich auf circa 30 Minuten pro Partie belaufen wird", sagte Schröder der Sport-Bild. In "den entscheidenden Phasen" wolle er aber unbedingt auf dem Feld stehen.

Daniel Theis, 26 Jahre, 2,04 m, Boston Celtics

(Foto: Jeremy Brevard/USA TODAY Sports)

In den entscheidenden Momenten der letztjährigen Playoffs hätte auch Daniel Theis gerne mit seinen Boston Celtics gespielt, doch ihn bremste ein Meniskusriss. Saisonaus, Operation, Reha - Theis konnte nur zuschauen, wie sein Klub im Halbfinale ausschied. Dabei war Theis, der zu Beginn seiner Profikarriere in Braunschweig mit Schröder spielte, auf dem Weg zur großen Entdeckung. Er begeisterte die Celtics-Fans mit seinem Eifer, seiner Lust auf Dunks und verloren geglaubte Bälle. Mehr als ein halbes Jahr später ist der frühere Bamberger endlich gesund und wieder bereit für die Kleinarbeit, die sie in Boston so von ihm schätzen. Theis ist ein unterschätzter Rollenspieler, einer, der seine Aufgabe kennt und in wenigen Minuten viel bewirken kann: Blocks, Rebounds, Ellbogeneinsatz - sein Engagement hat ihm schon eine eigene Hymne eingebracht: "Theis, Theis, Baby" heißt der Hit, "Vanilla Theis" sein Spitzname - beides beruht auf dem Song eines weißen Rappers namens "Vanilla Ice" aus den Neunzigerjahren ("Ice, Ice, Baby"). Wenn der Flügelspieler fit bleibt, wird er in dieser Saison wohl endlich seine ersten Playoffs bestreiten dürfen: Boston hat eines der potentesten Teams und gilt als Anwärter auf die Finalteilnahme.

Moritz Wagner, 21 Jahre, 2,11 m, Los Angeles Lakers

(Foto: Mike Stobe/AFP)

Noch ein Deutscher, noch eine Verletzung: Moritz Wagner tut das linke Knie noch weh, er verfolgt den Saisonstart der Los Angeles Lakers vom Spielfeldrand aus. Ein erster Dämpfer für den Berliner, der gerne locker daherredet und mit seiner Art prima nach Los Angeles passt. Mit seinem Collegeteam von der Uni Michigan sorgte er im März 2018 für Furore während der sogenannten "March Madness", der in den USA vielbeachteten Endrunde um die Studentenmeisterschaft. Wagner und sein Team verloren erst im Finale. In der Draft, der jährlichen Talentbörse, wählten ihn die Lakers dann an 25. Stelle aus. Den berühmten Magic Johnson, als Spieler eine Ikone der Lakers und mittlerweile "President of Basketball Operations", beeindruckten besonders "die Emotionen, die er auf dem Platz zeigt, wie er mit seinen Mitspielern kommuniziert". Doch just nach seiner Ankunft in Kalifornien, verletzte sich Wagner in der Summer League. Immerhin: Wenn er fit ist, wird er mit einer anderen NBA-Legende zusammenspielen: LeBron James, dem mehrmaligen Meister, der von den Cleveland Cavaliers gekommen ist.

Isaac Bonga, 18 Jahre, 2,03 m, Los Angeles Lakers

(Foto: Sean M. Haffey/AFP)

Allein die Tatsache, dass Isaac Bonga einen Vertrag von den Lakers bekommen hat, ist bemerkenswert. Der von seinen kongolesischen Eltern im Westerwald großgezogene Bonga gilt als Zukunftsprojekt, er ist erst 18 und damit der jüngste Deutsche, der es je in die NBA geschafft hat. Doch die Lakers sehen offenbar Entwicklungsmöglichkeiten bei ihrem 39. Pick des Drafts. Sie dürften vor allem seine körperlichen Voraussetzungen sehen: Bonga ist 2,03 Meter groß und mit einer Spannweite von weit mehr als zwei Metern ausgestattet - nicht einmal in der NBA können das viele Aufbauspieler für sich reklamieren. Bei Bonga sind zwar viele Facetten des Spiels noch nicht ausgereift, sein Wurf braucht Schliff, sein Verständnis für Raum und Zeit muss wachsen, ein paar Muskeln mehr dürfen's auch gerne sein. Aber er wird lernen, vor allem von Sportchef Magic Johnson und Zugang LeBron James, die ähnliche Maße haben. Einsätze dürfte Bonga zunächst vor allem im unterklassigen Farmteam der Lakers kriegen, quasi in der zweiten Mannschaft. Sollte er aber noch in dieser Saison in der NBA debütieren, wäre er früher dran als Dirk Nowitzki und Dennis Schröder.

Isaiah Hartenstein, 20 Jahre, 2,13 m, Houston Rockets

Basketball liegt bei ihm in der Familie. Der Sohn des früheren Bundesligaspielers Florian Hartenstein kam in Oregon zur Welt, als sein Vater Florian gerade in der Nähe von Portland am College spielte. Heute ist Isaiah Hartenstein einen Kopf größer als sein Vater, und das Erstaunliche ist, dass er trotzdem kein starrer Klotz ist wie viele ähnliche großgewachsene Basketballer. Er kann seine Körperlänge geschmeidig bewegen, er kann werfen und nach Möglichkeit stopft er den Ball auch gerne durch den Ring. Die Frage ist: Wie viel NBA-Fertigkeit bringt ein schüchterner Junge wie er schon mit? In dem Jahr, nachdem ihn die Houston Rockets im Draft verpflichteten, hat er sich im Farmteam des Klubs empfohlen. In Texas glauben sie an einen Sprung beim deutschen Nationalspieler, der vor allem an seiner Stabilität unter den Ringen gearbeitet hat. In Houston wird Hartenstein vor allem als Center aushelfen, er soll in seinen wenigen Minuten Pässe der Kollegen Chris Paul und James Harden verwerten, Rebounds pflücken und in der Defensive lernen. Dass dazu auch etwas Lehrgeld gehört, wird Teil seines Entwicklungsprozesses sein.

© SZ vom 17.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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